Bevor Du daran gehst, Dein Geschäftsmodell zu entwickeln, solltest Du stets ein klares Bild von den Problemen und Herausforderungen Deiner Zielgruppe haben. Das Value Proposition Canvas von Alexander Osterwalder hilft Dir dabei, die Job, Pains & Gains Deiner Kunden zu erfassen und dafür passende Produktideen zu entwickeln.
In diesem Artikel erfährst Du alles Wichtige über den Aufbau und die Anwendung des Value Proposition Canvas und wie es Dich dabei unterstützt, den Problem Solution Fit zu erzielen.
- Erklärvideo zum Value Proposition Canvas
- Aufbau des Value Proposition Canvas
- Value Map & Customer Profile
- Erziele Fit
- Drei Arten von Fit
- Aufbau des Customer Profiles
- Häufige Fehler im Customer Profile
- Aufbau der Value Map
- Häufige Fehler in der Value Map
- Vorlage für das Value Proposition Canvas
- Fazit zum Value Proposition Canvas
Erklärvideo zum Value Proposition Canvas
Aufbau des Value Proposition Canvas
Das Value Proposition Canvas (kurz VPC) ist ein visueller Prototyp, der Dir dabei hilft, Produkte und Services zu designen, die die wichtigsten Kundenbedarfe erfüllen und dadurch eine größere Chance besitzen, von Deinen Kunden tatsächlich angenommen zu werden. Deshalb besteht das Value Proposition Canvas auch aus zwei unterschiedlichen Elementen: Der Value Map und dem Customer Profile.
Die Value Map
Die Value Map visualisiert Dein Produkt oder Deinen Service, mit dem Du auf ein Customer Segment abzielst. Sie erklärt außerdem, wie Nutzen für Deine Kunden entsteht und Schmerzpunkte reduziert werden.
Das Customer Profile
Das Customer Profile steht für die Gruppe potenzieller Kunden, die besondere Bedarfe und Wünsche haben, die Du erfüllen möchtest. Außerdem zeigt sie Probleme auf, die Deine Kunden bei bestimmten Aufgaben haben.
Value Map & Customer Profile
Auch wenn beide Elemente des Value Proposition Canvas zunächst recht unscheinbar daherkommen, musst Du sie bei der Arbeit mit dem Canvas unterschiedlich behandeln. Denn nur auf Deine Value Map hast Du direkten Einfluss. Das Customer Segment existiert so gesehen auch „ohne Dich“. Hier hast Du nur die Möglichkeit, so viel wie möglich über Deine Zielgruppe herauszufinden und im Customer Profile präzise abzubilden. Je besser Dir das gelingt, desto besser kannst Du Deine Value Map daran anpassen.
Erziele Fit
Das Value Proposition Canvas unterstützt Dich dabei, einen sogenannten Fit zwischen Deiner Value Map und Deinem Customer Profile herzustellen. Das bedeutet nicht mehr, als dass Du Deiner Zielgruppe das passende Produkt zur Verfügung stellst. Der große Vorteil des Value Proposition Canvas besteht allerdings darin, dass es Dir als visueller (und vor allem kostengünstiger) Prototyp dient, diesen Zustand herbeizuführen.
So bewahrt Dich das Value Proposition Canvas davor, zu früh Aufwand, Zeit und Geld in die Entwicklung Deines echten Produktes oder Services zu investieren. Vor allem dann, wenn Du zu Beginn noch nicht genau weißt, ob Du überhaupt das richtige Angebot entwickelst. Der Trick besteht nicht darin, Fehler zu vermeiden, sondern Fehler schnell, so früh wie möglich und kostengünstig zu machen, um aus ihnen zu lernen.
Häufig wird deshalb auch von Fail Fast gesprochen. Innovation und neue Geschäftsfelder sind komplex und durch viele Unbekannte bestimmt, die es Dir unmöglich machen, Irrtümer zu vermeiden.
Drei Arten von Fit
Der Fit, den Du zwischen Deiner Value Map und Deinem Customer Profile anstrebst, ist nicht gleich unwiderlegbar. Zu einem frühen Zeitpunkt sieht er erstmal „nur auf dem Papier“ schön aus. Letzten Endes entscheiden Deine Kunden, ob Du wirklichen Nutzen für sie stiftest. Deshalb ist notwendig, so früh wie möglich den Kontakt zu Deinen Kunden zu suchen, um herauszufinden, was sie wirklich bewegt.
Problem-Solution Fit
Einen Problem Solution Fit hast Du dann erzielt, wenn Du begründete Erkenntnis darüber erlangt hast, dass es eine Gruppe von Menschen gibt, denen konkrete Aufgaben (Customer Jobs) wichtig sind, um bestimmte Ergebnisse (Customer Gains) zu erreichen.
Außerdem hast Du wichtige Probleme und Herausforderungen (Customer Pains) identifiziert, die sie daran hindern, ihre Jobs to Be Done zu erledigen.
In dieser ersten Phase solltest Du viele verschiedene Value Proposition Canvas entwerfen, weil Du zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht weißt, welche Produktidee wirklich funktionieren wird.
Deshalb ist es auch sehr wahrscheinlich, dass Du später vielversprechende Kandidaten verwerfen musst.
Product Market Fit
In der daran anschließenden zweiten Phase hast Du bereits herausgefunden, dass Dein Produkt tatsächlich einen Nutzen für Deine Zielgruppe stiftet. Du hast Hypothesen aufgestellt und durch entsprechende Tests validiert, dass bestimmte Merkmale Deiner Value Proposition funktionieren.
Allerdings weißt Du an dieser Stelle noch nicht genau, ob es für Deine Lösung auch wirklich einen Markt gibt. Denn nur weil Du bestimmte Probleme Deiner Zielgruppe lösen kannst, bedeutet das beispielsweise nicht zwangsläufig, ob diese Menschen Dich auch für die Lösung bezahlen werden.
Validation Tests sind umfangreicher, aufwändiger und meistens auch kostspieliger als Discovery Tests. (Dafür sind sie jedoch auch verlässlicher.)
Business Model Fit
Erst in der dritten Phase weißt Du, ob Deine Geschäftsidee tatsächlich funktioniert. Du hast ein profitables Geschäftsmodell entwickelt, das sich im besten Fall auch noch skalieren lässt. Einen Business Model Fit erzielst Du nur dann, wenn Du nicht nur Nutzen für Dein Customer Segment stiftest, sondern auch Nutzen für Deine Organisation erzeugst. (In der Regel durch Gewinn.)
Lebensfähig ist Deine Value Proposition nur dann, wenn sie für beide Seiten die viel zitierte Win-Win-Situation entstehen lässt. Für diese dritte Phase eignet sich das Business Model Canvas allerdings besser als das Value Proposition Canvas.
Aufbau des Customer Profiles
Das Customer Profile visualisiert, welche Aufgaben die Menschen Deines Customer Segments zu erledigen haben, welchen Herausforderungen sie sich dabei gegenübersehen und was sie sich als Ergebnis ihres Tuns wünschen. Alexander Osterwalder nennt das auch Customer Jobs, Customer Pains und Customer Gains. (Manchmal spricht er auch nur von Jobs, Pains & Gains.)
Achte darauf, dass Dein Customer Profile immer das abbildet, was aktuell für Deine Kunden wichtig ist. Es geht nicht um Dinge, die (sehr) weit in der Zukunft liegen, sondern möglichst konkret im Hier & Jetzt verortet sind. Je konkreter und fassbarer Du Customer Jobs, Pains & Gains festhältst, desto besser!
Für einen ersten Start ist es in Ordnung, wenn Du im Customer Profile Deines Value Proposition Canvas zunächst nur das notierst, von dem Du derzeit glaubst, dass es für Deine Kunden relevant ist. (Sofern Du nur schnellstmöglich daran gehst, diese Vermutungen durch Tests & Experimente zu bestätigen oder zu widerlegen.)
Customer Jobs
Funktionale, soziale & emotionale Customer Jobs
Beachte den Kontext der Customer Jobs
Customer Jobs sind bestenfalls allgemeingültig und zeitlos formuliert. Genau deshalb ist es aber sehr wichtig, dass Du den Kontext kennst, in dem sie stattfinden. Der Job Die Kinder zur Schule bringen hat ganz andere Bedingungen, wenn Du weißt, dass Deine Zielgruppe alleinerziehend ist und sich kein eignes Auto leisten kann.
Leider ist im Customer Profile des Value Proposition Canvas kein Bereich vorhanden, der es Dir ermöglicht, Kontext-Informationen festzuhalten. Ich empfehle Dir deshalb, wichtige Informationen über die Situation auf einem zusätzlichen PostIt zu notieren.
Customer Pains
Customer Pains vermitteln Dir ein Verständnis darüber, welchen aktuellen Herausforderungen sich Deine Kunden gegenübersehen, wenn sie versuchen, etwas zu erledigen. Genau wie bei den Customer Jobs solltest Du deshalb darauf achten, die Customer Pains Deiner Kunden so konkret und fassbar wie möglich zu formulieren.
Auch bei den Customer Pains ist es in Ordnung, wenn Du im Customer Profile zunächst nur das festhältst, von dem Du aktuell glaubst, dass es für Deine Zielgruppe relevant ist. (Aber auch hier solltest Du so früh wie möglich Tests & Experimente nutzen, um Deine Hypothesen zu bestätigen oder zu widerlegen.)
Funktionale, soziale & emotionale Customer Pains
Wie Jobs und Gains haben auch Customer Pains eine funktionale, soziale oder emotionale Dimension.
Formuliere Customer Pains messbar
Wann immer möglich, solltest Du Customer Pains messbar formulieren. Wenn Dir Deine Kunden beispielsweise in einem Switch Interview mitteilen, dass sie nicht gerne „lange warten“, solltest Du nachfragen, wie viele Minuten „lange warten“ denn genau ist. Denn falls es Deine Kunden ärgert, länger als 10 Minuten zu warten, dann erzeugst Du durch ein Produkt, das die Wartezeit von 15 auf 12 Minuten verringert, wahrscheinlich wenig Nutzen.
Erweitere Deine Perspektive
Fokussiere Dich bei den Customer Pains nicht nur auf Hindernisse und Probleme, die auftauchen, während Dein Kunde einen bestimmten Customer Job erledigen möchte. Denke auch darüber nach, welche Blocker existieren, die einen bestimmten Job komplett verhindern. Darüber hinaus solltest Du in Deinen Kundeninterviews Probleme ermitteln, die erst dann entstehen, wenn ein Job erledigt ist.
Vielleicht existieren sogar Herausforderungen, die sich auf unterstützende Aufgaben beziehen. Es nützt zum Beispiel nichts, die perfekte Online-Logistik-App zu entwickeln, wenn Deine Kunden im Lager ihrer Firma keine Internetverbindung haben.
Customer Gains
Customer Gains sind der Gradmesser Deiner Kunden, ob und wie gut ein konkreter Customer Job erfolgreich abgeschlossen wurde. Gains stehen also für den Nutzen und die Ergebnisse, die Deine Kunden eigentlich anstreben.
Es ist wichtig, dass Du Customer Gains und Customer Jobs nicht verwechselst. (Gleichzeitig ist es in der Praxis manchmal schwierig sie gut voneinander zu unterscheiden oder klar zu trennen.)
Funktionale, soziale & emotionale Customer Gains
Auch Customer Gains können funktionaler, sozialer oder emotionaler Art sein. Deine Kunden können sich beispielsweise wünschen, Termine mobil organisieren zu können (funktional). Sie könnten sich auch darüber freuen (wollen), immer genau passend über wichtige Termine informiert zu werden (emotional). Es kann ihnen auch wichtig sein, dass ihre Ehepartner sie dafür bewundern, dass sie den Hochzeitstag nicht mehr vergessen (sozial).
Soziale und emotionale Customer Gains können für Dich ein guter Ansatz sein, Deine Kunden aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Denn so kannst Du Dir die Frage stellen, ob die Customer Jobs auch vollkommen anders erfüllt werden könnten. Der Fokus auf soziale und emotionale Customer Gains kann deshalb ein großer Hebel für Deine Innovationsstrategie sein.
Finde die wichtigsten Jobs, Pains & Gains
Wenn Du in Deinen Kundeninterviews gut gearbeitet hast, solltest Du nun eine Menge Jobs, Pains & Gains in Deinem Customer Profile notiert haben. Allerdings ist auch die beste Value Proposition nicht in der Lage, alles davon zu erfüllen. Glücklicherweise ist das auch gar nicht notwendig. Konzentriere Dich mit Deinem Value Proposition Canvas daher nur auf die wichtigsten Jobs, Pains & Gains Deiner Zielgruppe.
Häufige Fehler im Customer Profile
Einige Fehler im Customer Profile treten immer wieder auf und minimieren die Nützlichkeit Deines Value Proposition Canvas. Hier findest Du eine Übersicht mit den häufigsten Fehlern und einigen Tipps, um ein gutes Customer Profile zu erstellen.
Aufbau der Value Map
Mit der Value Map Deines Value Proposition Canvas visualisierst Du, wie Du Jobs, Pains & Gains Deiner Kunden lösen möchtest. Sie ist ein kostengünstiger und schneller Prototyp für Dich, den Du fortlaufend an neue Erkenntnisse aus Deinen Tests und Experimenten anpassen kannst.
Im Gegensatz zum Customer Profile hast Du auf Deine Value Map direkten Einfluss. Du kannst Deine Value Map also designen und anpassen – je nachdem, was Du über Deine Kunden herausgefunden hast.
Products & Services
Products & Services können unterschiedlicher Art sein. Es können physische Produkte sein oder auch immaterielle Güter (zum Beispiel Geistiges Eigentum). Denkbar sind auch digitale Produkte oder Services, Finanzprodukte und dergleichen mehr.
Spiele Möglichkeiten durch!
Wenn wir eine erste Geschäftsidee haben, sind wir in der Regel nur schwer davon abzubringen. Dabei kann schon ein kleine Veränderung Deines Produktes oder Deiner Dienstleistung gravierende Auswirkungen haben. Das bietet Dir kreativen Raum, innovative Ideen zu entwickeln.
Gain Creators
Mit Hilfe der Gain Creators erhältst Du ein klares Bild davon, wie Du mit Hilfe Deiner Produkte oder Dienstleistungen einen Nutzen für Dein Kundensegment stiften möchtest.
Achte darauf, dass für jeden Gain Creator ein entsprechender Customer Gain im Customer Segment Deines Value Proposition Canvas vorhanden ist.
Hilfreiche Fragen zu Gain Creators
Für gute Gain Creators auf Deinem Value Proposition Canvas kannst Du Dir folgende Fragen stellen:
Priorisiere Deine Gain Creators!
Priorisiere die Gain Creator Deiner Value Proposition und finde heraus, welche davon Deinen Kunden besonders wichtig sind. Welche Merkmale Deines Services oder Deines Produktes sind für Deine Kunden essenziell und welche sind lediglich nice-to-have?
Pain Reliever
Hilfreiche Fragen zu Pain Relievers
Um gute Pain Relievers in Deiner Value Map festzuhalten, kannst Du Dir folgende Fragen stellen:
Priorisiere Deine Pain Relievers!
Auch die Pain Reliever solltest Du priorisieren und herausfinden, welche davon Deinen Kunden besonders wichtig sind. Welche Features sind essenziell, da sie die wichtigsten Pains Deiner Kunden eliminieren und welche davon sind eher nice-to-have?
Häufige Fehler in der Value Map
Auch in der Value Map treten – wie im Customer Profile – immer wieder Fehler auf, die den Nutzen des Value Proposition Canvas insgesamt reduzieren. In diesem Abschnitt findest Du eine Übersicht mit den häufigsten Fehlern und einigen Tipps, die Dir helfen sollen, eine gute Value Map zu designen.
Vorlage für das Value Proposition Canvas
Fazit zum Value Proposition Canvas
Richtig angewendet ist das Value Proposition Canvas eine extrem wertvolle Hilfe für Dich, um ein klareres Bild von Deiner Zielgruppe zu erhalten und durch das richtige Angebot den Problem Solution Fit zu erzielen. Gleichzeitig kannst Du das Canvas mit vielen anderen Tools & Methoden kombinieren, beispielsweise mit der Empathy Map oder dem Business Model Canvas.
Wenn Du noch Fragen, Ideen oder Anregungen zu diesem Artikel hast, freue ich mich wie immer über einen Kommentar von Dir hier unten auf der Seite.