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Falls Du Dich bereits mit dem Evidence-Based Management Framework auseinandergesetzt hast, geht es Dir mit der Key Value Area Unrealized Value ja vielleicht so wie mir: die möglichen Kennzahlen, die der EBM-Guide vorschlägt, sind recht blass ausgefallen. Deshalb möchte ich Dir heute einmal eine Variante vorstellen und zeigen, wie Du den sogenannten Opportunity Score dazu nutzen kannst, diesen Bereich für Dein Produkt messbar(er) zu gestalten.

Wie funktioniert der Opportunity Score?

Der Opportunity Score ist eine Methodik, die auf Anthony Ulwick zurückgeht und die Teil seines Frameworks Outcome Driven Innovation (ODI) ist. Genutzt wird dieses Framework mit Jobs to Be Done (JTBD). Wenn Du diese Methodik anwendest, um kundenorientiert Produkte & Services zu entwickeln, reicht es für Dich nicht, lediglich zu wissen, welche Jobs Deine Zielgruppe erledigen möchten. Du benötigst zusätzlich ein klares Verständnis davon, wie Du diese Jobs priorisieren kannst. Schließlich sind nicht alle Customer Jobs gleich wichtig für Kunden. Und eventuell können einige Jobs auch (durch Dein Produkt) unbeachtet bleiben, weil sie für Kunden gar keine so große Rolle spielen.

Die Frage ist nur: Wie kannst Du das herausfinden?
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Welche Ansätze nutzt Du aktuell, um Dein Product Backlog zu priorisieren und welche Erfahrungen hast Du damit gemacht?x

Genau hier setzt der Opportunity Score an. Zu jedem Job to Be Done (und einem dazugehörigen Customer Gain beziehungsweise Oucome), den Du für Deine Zielgruppe ermittelt hast, erfragst Du von Deinen Kunden zwei Dinge:

  • Wenn Du [Job to Be Done] erledigst, wie wichtig ist es für Dich, [Customer Gain] zu erzielen?

  • Wie zufrieden bist Du derzeit damit, [Customer Gain] zu erreichen?

Beide Fragen lässt Du von Deiner Zielgruppe bzw. Kunden durch eine Zahlenskala beantworten. Welche genau das ist, ist im Grunde nicht ganz so wichtig. Wir persönlich empfehlen eine Skala von 0 bis 10. Viel wichtiger ist es, wie Du über diese beiden Fragen zu Deinem Opportunity Score gelangst.

Der Opportunity Score ist die Wichtigkeit des JTBD plus die Differenz zwischen Wichtigkeit und Zufriedenheit.

Rechenbeispiel für den Opportunity Score

Nehmen wir der Einfachheit halber einmal an, Du hast aktuell zwei Jobs to Be Done, von denen Du nicht weißt, wie Du sie priorisieren sollst. Du stellst Deinem Customer Segment über eine Umfrage die beiden obigen Fragen, die diese dann auf einer Skala von 0 bis 10 beantworten können. Für die Ergebnisse berechnest Du dann Durchschnittswerte. Das könnte folgendermaßen aussehen:

JTBD Wichtigkeit Zufriedenheit Opportunity Score
Job to be Done 1 (Customer Gain 1) 6,7 8,3 5,1
Job to Be Done 2 (Customer Gain 2) 5,4 2,6 8,2

Für JTBD 1 (mit Customer Gain 1) kommst Du auf einen Opportunity Score von 5,1 (6,7 plus (6,7 – 8,3)). Der Opportunity Score für den zweiten JTBD (in Bezug auf Customer Gain 2) liegt hingegen bei 8,2 (5,4 plus (5,4 – 2,6)). Das bedeutet, dass der zweite Job to Be Done für Dich als Product Owner eine höhere Priorität haben sollte, weil Kunden im Vergleich zum ersten damit unzufriedener sind.

  • Eine weiteren ausführlichen Artikel zum Opportunity Score findest Du übrigens auch noch auf Medium.

Minimalwerte für den Opportunity Score setzen

Wenn Du für Jobs to Be Done (und ihre dazugehörigen Customer Gains) Opportunity Scores ermittelt hast, kannst Du noch einen Schritt weiter gehen. Denn über diesen Wert lassen sich die Jobs ja nicht nur priorisieren, sondern Du kannst Dir die Frage stellen, ob Du den JTBD überhaupt mit einem Feature in Deinem Produkt bedienen solltest.

Arbeitest Du etwa mit einer Skala von 0 bis 10 für beide Werte, ist (rein theoretisch) ein Opportunity Score von 20 möglich (10 plus (10-0)). Somit könntest Du für Deine Produktentwicklung festlegen, dass nur für diejenigen Jobs to Be Done Features entwickelt werden, die einen Minimalwert von 12 erreichen. Jeder Job to Be Done, der unter diesem Wert bleibt, mag zwar vorhanden sein, bietet aber gar nicht ausreichend Potenzial für eine Wertsteigerung Deines Produktes.

Unrealized Value mit dem Opportunity Score bestimmen

Hast Du einen Minimalwert für Opportunity Scores gesetzt, kannst Du erkennen, wie viel Potenzial die Weiterentwicklung Deines Produktes noch besitzt. Und zwar einfach über die Anzahl der Jobs to Be Done, die diesen Minimalwert erreicht haben.

Stell Dir vor, Du hast zwei Produkte. Für Produkt A hast Du insgesamt 200 Jobs to Be Done (mit dazugehörigen Customer Gains) ermittelt. Aber lediglich 5 davon haben den Mindestwert von 12 im Opportunity Scoring erreicht. Für Produkt B hingegen existieren lediglich 30 unerfüllte Customer Jobs, die jedoch alle über diesem Mindestwert liegen. Produkt B hat damit mehr Potenzial als Produkt A für dieses Unternehmen, da Produkt B einen Unrealized Value von 30 hat, während Produkt A nur einen Unrealized Value von 5 erzielt.