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Kein Mensch wacht morgens auf und denkt: “Heute kaufe ich mir …!” Vielmehr durchlaufen Kunden bis zum eigentlichen Kauf eines neuen Produktes verschiedene Phasen, die sich oft über mehrere Wochen oder sogar Monate erstrecken. Das gilt selbst für diejenigen Käufe, die wir häufig als “Spontankauf” bezeichnen. Mit Switch Interviews machst Du diese Phasen für Dich sichtbar. Das hilft Dir dabei, Deine Kunden besser zu verstehen.

Warum Du Switch Interviews durchführen solltest

Je besser Du weißt, warum sich Kunden für Dein Produkt entschieden haben, desto besser kannst Du verstehen, wie Du es weiter verbessern kannst. Durch Switch Interviews erkennst Du, welche Probleme und Ereignisse Deine Kunden dazu brachten, sich für Dein Produkt zu entscheiden und welche Erwartungen sie mit dem Kauf verknüpften. Du erfährst außerdem, welchen Job to Be Done Dein Produkt für sie erledigen soll und mit welchen Maßstäben sie entscheiden, ob er erfolgreich erledigt wird.

Mit wem solltest Du Switch Interviews durchführen?

  • Menschen, die Dein Produkt kürzlich gekauft haben. (Maximal vor drei Monaten)

  • Menschen, die Dein Produkt seit Kurzem nicht mehr nutzen.

  • Menschen, die sich kürzlich für ein Wettbewerbsprodukt entschieden haben.

Welche Kriterien sollten Teilnehmer Deines Switch Interviews erfüllen?

  • Sie waren der Entscheider / Käufer.

  • Sie haben Dein Produkt wirklich gekauft. (Keine Testzeiträume oder Geschenke)

  • Sie habe das Produkt auch wirklich genutzt, nachdem sie es gekauft haben.

Die einzelnen Phasen im Switch Interview

Während des Switch Interviews ermittelts Du verschiedene Situationen und Ereignisse, die Dein Kunde durchlief, bis er sich schlussendlich für Dein Produkt oder Service entschieden hat.

Die einzelnen Stationen sind: erster Gedanke, passives Umschauen, Ereignis #1, aktives Suchen, Ereignis #2, Entscheidung, Kauf, Nutzung und Zufriedenheit.

Timeline-Switch-Interviews.png
Erster Gedanke
Passives Umschauen
Ereignis #1
Aktives Suchen
Ereignis #2
Entscheidung
Kauf
Nutzung
Bewertung
Zufriedenheit
Timeline-Switch-Interviews.png
Erster Gedanke
Passives Umschauen
Ereignis #1
Aktives Suchen
Ereignis #2
Entscheidung
Kauf
Nutzung
Bewertung
Zufriedenheit

Erster Gedanke

Irgendwann – oft mehrere Wochen oder sogar Monate vor dem Kauf Deines Produktes – gibt es für Deine Kunden einen Zeitpunkt, an dem sie bemerken, dass sie mit ihren aktuellen Mitteln, Tools, Apps oder Vorgehensweisen nicht mehr wirklich weiterkommen, wenn sie ihren Job to Be Done erledigen möchten. Typische Gedanken in diesem Moment sind beispielsweise:

Ich muss hier irgendwie weiterkommen. So wie es derzeit ist, funktioniert es irgendwie nicht mehr.

Passives Umschauen

Nachdem der erste Gedanke bei Deinem Kunden aufkam, dass die aktuelle Lösung nicht (mehr) so richtig funktioniert, entsteht in Deinem Kunden der Zustand des passiven Umschauens. Er wird aufmerksam für neue Lösungen oder alternative Vorgehensweisen, die er zuvor nicht beachtet oder bemerkt hatte.

Ich investiere nicht wirklich viel Energie in das Ganze, aber ich bemerke Optionen und Lösungen, auf die ich vorher nicht geachtet habe.

Ereignis #1

Irgendwann wird ein erstes Ereignis eintreten, das dazu führt, dass Dein Kunde seine aktuelle Vorgehensweise, um seinen Job to Be Done zu lösen, verändern möchte.

Mir reicht’s! Das muss ich irgendwie lösen. Das letzte Ereignis hat das Fass zum Überlaufen gebracht!

Dieses Ereignis #1 führt dazu, dass die Phase des passiven Umschauens endet und Dein Kunde die nächste Phase betritt:

Aktives Suchen

Befeuert von Ereignis #1 beginnt Dein Kunde damit, sich aktiv mit alternativen Lösungen für sein Problem zu beschäftigen, um Mittel und Wege zu finden, die seinen Job to Be Done besser erledigen können.

Ich investiere Zeit und Energie, um eine Lösung für mein Problem zu finden.

Ereignis #2

Das Ereignis #2 erzeugt für Deinen Kunden eine gewisse Dringlichkeit bei der Lösungssuche. Er bemerkt, dass eine lange (oder schlimmstenfalls niemals endende) Suche nach neuen Lösungen ihn auch nicht weiterbringt.

Die Uhr tickt. Ich merke, dass es nicht gut ist, wenn ich das Problem nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums gelöst bekomme.

Entscheidung

Dein Kunde hat potenzielle Lösungen auf einige wenige Möglichkeiten eingeschränkt, zwischen denen er nun wählen muss. Während der aktiven Suche hat er für sich wichtige Kriterien herausgearbeitet, nach denen er Produkte oder Services bewertet, die ihm nun als Option zur Verfügung stehen.

Ich habe meine Optionen auf zwei oder drei Möglichkeiten reduziert und klare Kriterien, nach denen ich entscheide.

Kauf

Dein Kunde hat sich entschieden! Er hat Geld bezahlt und den Switch zu einer neuen Lösung vollzogen. Seine bisherige Lösung hat er gefeuert, da er seinen Job to Be Done nun in Zukunft anders lösen möchte.

Ich habe mich auf eine Lösung festgelegt und Geld bezahlt. Es gibt keinen Weg zurück.

Nutzung

Dein Kunde beginnt Dein Produkt zu nutzen und unterzieht es nun dem Realitätscheck. Hilft es ihm wirklich, den Job to Be Done besser zu erledigen als zuvor? Tauchen neue Probleme auf, an die er zuvor nicht gedacht hatte?

Ich habe das Produkt oder den Service genutzt und weiß jetzt, ob es mir dabei hilft meinen Job zu erledigen.

Zufriedenheit

Im besten Fall endet der Switch hin zu einem neuen Produkt mit Zufriedenheit. Dein Produkt erweist sich als praktikable Lösung für den Job to Be Done Deines Kunden und löst diesen auf eine neue und noch bessere Art und Weise.

Tipps für gute Switch Interviews

Wenn Du noch nie Switch Interviews durchgeführt hast, habe ich Dir hier noch einige Tipps & Tricks zusammengestellt, die dabei helfen sollen, die ersten Interviews zu beginnen.

Fördere das Gespräch

Switch Interviews leben davon, die tieferliegende Motivation Deiner Kunden herauszufinden. Deshalb geht es nicht darum, einen vorgegebenen Fragekatalog abzuklappern, sondern ein angenehmes Gespräch mit Deinem Interviewpartner zu führen. (Was allerdings zugegebenermaßen auch ein Grund dafür ist, dass Switch Interviews viel Übung benötigen, bis sie gut funktionieren.)

Stelle Dir einfach vor, Du würdest eine Dokumentation über den Zeitraum vom ersten Gedanken bis zum Kauf des Produktes drehen. Welche Dinge würden dort zu sehen sein? Welche Ereignisse kommen darin vor (und welche nicht)? Diese Dokumentations-Metapher kannst Du auch Deinem Interviewpartner erzählen, damit er das Switch Interview besser einordnen kann.

Interviewe zu zweit

Damit Du Dich voll und ganz auf Deinen Gesprächspartner konzentrieren kannst und das oben erwähnte angenehme Gespräch entsteht, solltest Du Switch Interviews immer zu zweit durchführen. So kannst Du Dich vollkommen auf Deinen Interviewpartner konzentrieren, während Dein Unterstützer die Notizen festhält.

Beginne dort, wo es Deinem Interviewpartner am leichtesten fällt

Auch wenn es darum geht, alle einzelnen Stationen, die Dein Kunde durchlief, im Switch Interview zu ermitteln, ist es in der Regel nicht ratsam mit der Frage “Wann hast Du das erste Mal daran gedacht, dass Deine vorherige Lösung nicht mehr funktioniert?” zu beginnen. Dieser Moment liegt für Deinen Interviewpartner meist sehr lange Zeit zurück. Und selbst dann, wenn er Dir einen konkreten Moment nennt, ist es (meistens) nicht der tatsächliche erste Gedanke.

Ich selbst beginne Switch Interviews in der Regel mit dem Moment des Kaufes und stellen danach Fragen, die immer weiter in die Vergangenheit führen. Aber grundsätzlich kannst Du die Reihenfolge Deiner Fragen natürlich der jeweiligen Situation anpassen. Hilfreiche Einstiegsfragen sind beispielsweise:

  • Erzähl mir von Deiner vorherigen Lösung! Warum hast Du das nicht noch einmal gekauft?

  • Wo und wann hast Du Dich für unser Produkt entschieden?

Gib Hilfestellungen

In Deinen Switch Interviews wirst Du recht häufig die Situation haben, dass Dein Interviewpartner sich nicht mehr genau erinnern kann. Lass Dich davon nicht aus der Ruhe bringen, da das vollkommen normal ist. Gib Deinem Interviewpartner stattdessen ein paar Hilfestellungen, indem Du konkrete Informationen erfragst:

  • Warst Du Zuhause oder im Büro?

  • War es morgens oder abends? Wochentags oder am Wochenende?

  • War es voll oder leer im Geschäft als Du unser Produkt gekauft hast? Hat Dich jemand beraten?

Werte direkt nach dem Switch Interview aus

Kurz nach dem Switch Interview ist Deine Erinnerung (und die Deines Kollegen) noch frisch und klar. Nutze das und werte die Ergebnisse direkt anschließend aus. Je länger Du damit wartest, desto ungenauer werden die Ergebnisse in der Regel. (Hilfreich zur Auswertung der Interview-Ergebnisse kann auch das Four Forces Diagramm sein.)

Führe solange Switch Interviews durch, bis Du Muster erkennst

Recht häufig werde ich gefragt, wie viele Switch Interviews man denn durchführen solle. Das ist nicht ganz so einfach zu beantworten. Im Normalfall benötigst Du zwischen zehn und zwölf Interviews. Es kann aber auch sein, dass Du weniger oder auch deutlich mehr Interviews benötigst. Meine Empfehlung:

Führe solange Interviews durch, bis Du klare Muster in den Antworten Deiner Interviewpartner erkennen kannst!

Das war’s von meiner Seite zum Thema Switch Interviews! Ich hoffe, ich konnte Dich für diese Art der Job-to-Be-Done-Interviews begeistern. Wenn Du noch Fragen zu der Technik hast oder vielleicht noch weitere Tipps kennst, dann hinterlasse uns doch einen Kommentar. Ich freu mich auf Dein Feedback!