Die vier wichtigsten Kanban-Metriken sind Cycle Time, Work In Progress, Throughput und Work Item Age. In diesem Grundlagenartikel erfährst Du, was diese Metriken genau messen, warum sie wichtig sind und wie Du sie in der Praxis ermitteln kannst. Zum Ende dieses Beitrags stelle ich Dir darüber hinaus noch einige alternative Metriken vor, die Du ebenfalls für Deinen Kanban-Workflow erheben kannst und welche Tools existieren, die Dir und Deinem Team das Leben ein klein wenig einfacher machen.
Cycle Time
Die Cycle Time (dt. Durchlaufzeit) misst die Zeitspanne, die zwischen dem Beginn an einem Work Item und dessen Abschluss vergeht. Unabhängig davon, ob dabei zwischenzeitlich an anderen Dingen gearbeitet wird, läuft die Cycle Time immer weiter.
Weil die Cycle Time erst im Nachhinein (also nach Abschluss des Work Items) gemessen werden kann, zählt sie zu den Lagging Indicators.
Warum ist die Cycle Time wichtig?
Kanban zielt darauf ab, Euren gemeinsamen Workflow immer weiter zu verbessern. Ob das gelingt, lässt sich am besten anhand dieser Kanban-Metrik ablesen. Denn bei der Optimierung von Arbeitsabläufen geht es ja genau darum, die notwendige Zeit für die Erledigung von Arbeit zu senken.
Wie kannst Du Cycle Time messen?
Diese Kanban-Metrik lässt sich recht einfach über ein Cycle Time Scatterplot ablesen, das die meisten Kanban Tools zur Verfügung stellen. Aber auch über ein Cumulative Flow Diagram (CFD) kannst Du die Cycle Time herausfinden.
Hier musst Du allerdings ein wenig aufpassen: Denn die Cycle Time, die Du aus dem CFD ablesen kannst, ist die ungefähre durchschnittliche Cycle Time (approximate average cycle time).
Die Zeit, die Du aus dem Cycle Time Scatterplot erfährst, ist hingegen die exakte durchschnittliche Cycle Time (exact average cycle time).
Work In Progress
Der Work In Progress (WIP) ist die Anzahl an Work Items, die zwar bereits begonnen wurden, jedoch noch nicht abgeschlossen wurden.
Weil der Work In Progress kontinuierlich verändert werden kann, um den Workflow zu steuern, zählt diese Kanban-Metrik zu den Leading Indicators.
Warum ist Work In Progress wichtig?
Laut Little’s Law stehen Work In Progress, Cycle Time und Throughput in einem direkten Verhältnis zueinander.
Verändert sich eine dieser Metriken, hat das also immer Einfluss auf die anderen beiden. Allerdings ist der Work In Progress die einzige Metrik, die Du aktiv beeinflussen kannst.
Möchtest Du also die Cycle Time oder den Throughput Deines Workflows verbessern, kannst Du das nur dadurch erreichen, in dem Du den Work In Progress begrenzt.
Wie kannst Du Work In Progress messen?
Auch den Work In Progress kannst Du wie die Cycle Time (und den Throughput) im Cumulative Flow Diagram ablesen. Darüber hinaus kannst Du natürlich immer auch einen Blick auf das Kanban Board werfen, das Euren Workflow abbildet. Darüber hinaus existiert noch das sogenannte WIP Run Chart, mit dessen Hilfe Du den Work In Progress sehr einfach ablesen kannst.
Throughput
Throughput (dt. Durchsatz) ist die Menge an Arbeit bzw. Work Items, die innerhalb einer (von Euch) definierten Zeitspanne durch Euren Workflow gelangt.
Da der Durchsatz erst nach dem Ende der jeweiligen Zeitspanne zu ermitteln und zählt deshalb zu den Lagging Indicators.
Warum ist Throughput wichtig?
Während die Cycle Time lediglich angibt, wie schnell Work Items durch Euren Workflow gelangen, erfährst Du über diese Kanban-Metrik, wie viele Work Items das sind. Denn es kann ja durchaus sein, dass Aufgaben bzw. User Stories von Deinem Team zwar schnell erledigt werden, die Menge an Aufgaben jedoch nicht sonderlich hoch ist.
Wie kannst Du Throughput messen?
Der Throughput eines Workflows lässt sich recht einfach dadurch erheben, indem Du einfach die Anzahl erledigter Work Items regelmäßig ermittelst. Beispielsweise kannst Du die Anzahl an User Stories pro Sprint zählen, falls Dein Team nach Scrum arbeitet. Außerdem kannst Du ein Throughput Run Chart verwenden, um den Durchsatz Deines Teams zu visualisieren.
Die Größe von Work Items oder User Stories (also ihre Story Points), ist für den Durchsatz unerheblich! Willst Du diesen Aspekt mit in Betracht ziehen, musst Du für Dein Team die Velocity ermitteln.
Work Item Age
Die vierte und letzte Kanban-Metrik ist das sogenannte Work Item Age. Sie gibt für jedes Work Item an, seit wie vielen Tagen es in Arbeit ist.
Work Item Age bezieht sich also nur auf diejenigen Aufgaben, die derzeit Work In Progress sind.
Wird eine Aufgabe abgeschlossen, wird das Work Item Age automatisch zur Cycle Time dieses Work Items.

Warum ist Work Item Age wichtig?
Work Item Age ist eine zentrale Metrik, die Euch dabei unterstützt, Euren Kanban-Workflow aktiv zu managen. Es hilft Euch dabei, alternde Aufgaben schnell zu identifizieren und Euch auf diese zu fokussieren, um dadurch Eure durchschnittliche Cycle Time niedrig zu halten.
Work Item Age zählt deshalb zu den Leading Indicators.
Wie kannst Du Work Item Age messen?
Die meisten Kanban Tools bieten die Möglichkeit, das Work Item Age auf jedem Ticket automatisiert anzuzeigen. Ist das nicht der Fall, sollte es zumindest möglich sein, das Startdatum des jeweiligen Tickets zu visualisieren. (Das ist jedoch weniger intuitiv als die konkrete Anzahl an Tagen.) Auch ein Aging WIP Chart bietet sich zur permanenten Verfolgung dieser Kanban-Metrik an.
Nutzt Dein Team ein “echtes” Kanban Board, wird Euch nichts anderes übrig bleiben, als das Work Item Age manuell zu aktualisieren. (Oder wenigstens das Startdatum des Work Items festzuhalten.)
Weitere Kanban-Metriken
Lead Time
Die Lead Time misst die Zeitspanne, die vergangen ist, seitdem ein Work Item das erste Mal erfasst wurde bis zu dem Zeitpunkt, an dem es abgeschlossen wurde.
Die Messung der Lead Time kann dann hilfreich sein, wenn der Workflow eines Teams zwar gut funktioniert, es jedoch sehr lange dauert, bis die Aufgaben überhaupt zu einem Team gelangen.
Beispielsweise könnten sie in anderen Abteilungen liegenbleiben oder tief unten im Product Backlog schlummern, weil dieses viel zu umfangreich ist.
Customer Cycle Time
Die Customer Cycle Time misst die Zeit, die es braucht, bis eine neue Funktion wirklich bis zum Kunden gelangt und von diesem genutzt werden kann, nachdem sie von einem Team begonnen wurde. (Streng genommen handelt es sich hier eigentlich gar nicht um eine Kanban-Metrik, sondern um eine Metrik, die aus dem Evidence-Based Management stammt.)
Cycle Time und Customer Cycle Time unterscheiden sich, wenn es beispielsweise feste Release-Zyklen gibt und vieles von dem, was Dein Team bereits abgeschlossen hat, unter Umständen sehr lange liegenbleibt.
Tools zur Messung von Kanban-Metriken
Auch wenn die beiden gebräuchlichsten agilen Entwicklungs-Tools Azure DevOps und Jira Möglichkeiten bieten, Kanban-Metriken zu tracken und auszuwerten, sind beide relativ unzufriedenstellend. Glücklicherweise gibt es mittlerweile einige Anbieter, die hier Abhilfe schaffen. Solltest Du überlegen, mit Deinem Team Kanban umzusetzen, kann ich Dir diese nur wärmstens ans Herz legen, denn sie bieten Euch viel Unterstützung dabei, Euren Workflow zu messen.
Fazit zu den Kanban-Metriken
Ich hoffe, ich konnte Dir mit diesem Beitrag einen guten ersten Überblick über die wichtigsten Kanban-Metriken geben. Und Dir vor allem vermitteln, warum sie wichtig und Du sie immer im Blick haben solltest. Wenn Du gemeinsam mit Deinem Team Kanban ernsthaft betreiben möchtest, solltest Du keine davon auslassen.