User Story Mapping kann für Dich als Product Owner sehr hilfreich sein, um mehr Ordnung und Struktur in Dein Product Backlog zu bringen. [wpdiscuz-feedback id=“pbh1tbykgc“ question=“Hast Du schon einmal ein User Story Mapping Workshop durchgeführt? Wie sind Deine Erfahrungen mit der Methode?“ opened=“1″]Erfahrungsgemäß ist die Anwendung jedoch manchmal ein wenig schwierig, weil die Teilnehmer eines solchen Workshops die Methode (noch) nicht kennen.[/wpdiscuz-feedback]

Deshalb möchte ich Dir in diesem Artikel ein kleines Szenario-Spiel vorstellen, das Du mit Deinen Workshopteilnehmern durchführen kannst, bevor es an den eigentlichen bzw. „echten“ User Story Mapping Workshop geht. Es hilft Deinen Teilnehmern dabei, User Story Mapping besser zu verstehen und macht außerdem jede Menge Spaß. (Gerade Letzteres ist sehr hilfreich, wenn es anschließend ans Eingemachte geht.)

Szenario-Spiel „Herr Beckmann fährt zur Arbeit“

Bei diesem Szenario-Spiel geht es darum, sich in die Lage von Herrn (oder Frau) Beckmann zu versetzen, dessen (Haupt-)Aufgabe es ist, morgens zur Arbeit zu fahren. Damit Ihr ein klares Bild von Herrn Beckmann habt, lohnt es sich zu Beginn des Workshops ein paar Details zu Herrn Beckmann festzuhalten. Auf einem Flipchart notiert Ihr gemeinsam Dinge, von denen Ihr glaubt, dass sie für Euch relevant sind. Ist er beispielsweise verheiratet? Hat er Kinder? Wie alt ist er und für welche Art von Firma arbeitet er?

  • Die Details könnt Ihr Euch frei ausdenken und so eine provisorische Buyer Persona bzw. ein Customer Profile für Herrn Beckmann entwerfen, auf das Ihr Euch im folgenden Verlauf immer wieder beziehen könnt.

Stationen auf der User Story Map definieren

Als erstes legt Ihr in Eurem User Story Mapping Workshop die einzelnen Stationen von Herrn Beckmann fest, an denen er sich normalerweise aufhält, bevor er zur Arbeit fährt.

Seine morgendliche Reise beginnt logischerweise in seinem Schlafzimmer und endet auf dem Parkplatz vor seinem Haus, wo sein Auto steht. Dadurch habt Ihr den Anfang und das Ende seiner Customer Journey definiert.

Dazwischen sucht Herr Beckmann natürlich noch ein paar weitere Räume seines Hauses auf. Nämlich das Badezimmer, die Küche und den Flur.

User Story Mapping - Stationen

User Stories auf der Map notieren

Habt Ihr alle Stationen auf Eurer User Story Map festgelegt, geht es anschließend darum, zu entscheiden, was Herr Beckmann an jeder Station bzw. in jedem Raum erledigen muss.

Auf Post-its haltet Ihr dazu kurze User Stories fest. Die Reihenfolge ist an dieser Stelle zunächst noch nicht wichtig. Wichtig ist lediglich, dass jede User Story in der richtigen Spalte landet.

Konzentriert Euch einfach darauf, ein klareres Bild von Herrn Beckmanns morgendlicher Reise zu erhalten.

User Story Mapping- User Stories

Häufig entstehen in dieser Workshop-Phase spontane Ideen zu Herrn Beckmann bei den Teilnehmern. Zum Beispiel, dass er eine Katze hat und dass diese noch gefüttert werden muss, bevor er zur Arbeit fahren kann. Nehmt diese Ideen in Eure User Story Map auf und erweitert gegebenenfalls auch das Customer Profile bzw. die Persona von Herrn Beckmann.

  • Auch beim späteren, „echten“ Workshop werden solche Ideen entstehen. Um sicher zu gehen, dass Ihr Eure Annahmen von wirklichen Erkenntnissen trennt, könnt Ihr alle aktuellen Vermutungen auf einer Assumption Map festhalten.

Must Haves definieren (Walking Skeleton)

Jetzt kommt der spannende Teil des User Story Mapping Workshops. Denn was Ihr auf Eurer User Story Map abgebildet habt, ist der „normale Morgen“ von Herrn Beckmann.

Szenario 1: Verschlafen!

Im nächsten Schritt Eures User Story Mapping Workshops geht es darum, sich vorzustellen, was passiert, wenn Herr Beckmann verschlafen hat. Statt einer ganzen Stunde, die er normalerweise morgens zur Verfügung hat, hat er jetzt nur noch 10 Minuten Zeit, um loszufahren. Außerdem hat er einen sehr wichtigen Kundentermin, zu dem er nicht zu spät kommen darf. Komme, was wolle!

Für Herrn Beckmann heißt es jetzt, Prioritäten zu setzen! Gemeinsam entscheidet Ihr, welche Dinge er auf jeden Fall erledigen muss, um überhaupt losfahren zu können. Dadurch fallen fast alle User Stories durchs Raster. Beispielsweise sucht er sich keine neue Kleidung aus, sondern zieht die Sachen vom Vortag an. Auf Duschen und Rasieren verzichtet er ausnahmsweise. Zähneputzen darf auch ausfallen. (Im Auto sind noch Kaugummis.)

Mögliche Minimalanforderungen, auf die Ihr Euch nun einigen könnt, sind beispielsweise: Aufstehen, anziehen, kämmen, Tasche packen, Schuhe anziehen, Autoschlüssel nehmen, ins Auto steigen und losfahren!

User Story Mapping - Walking Skeleton

Durch das Szenario Verschlafen! habt Ihr ein Walking Skeleton für Herrn Beckmanns Main Job Zur Arbeit fahren definiert. Jede User Story, die sich im oberen Bereich Eurer User Story Map befindet, ist absolut notwendig.

Minimalanforderungen mit der User Story Map festlegen (MVP)

Szenario 1 ist natürlich nur im absoluten Notfall akzeptabel. Wir sind uns sicherlich einig, dass Herr Beckmann nicht regelmäßig so einen Stress vor einem Kundentermin haben sollte. Wenn es irgendwie möglich ist, sollten ein paar Dinge noch erledigt werden können, oder?

Deshalb verändern wir die Customer Journey von Herrn Beckmann mit einem zweiten Szenario.

Szenario 2: Der Termin findet früher statt!

In diesem Szenario steht Herr Beckmann zwar pünktlich auf, aber er erhält einen Anruf, dass der Kundentermin eine halbe Stunde nach vorne verlegt wurde. Er hat also insgesamt 30 Minuten Zeit, um seine Hauptaufgabe (Zur Arbeit fahren) zu erledigen.

Für welche zusätzlichen Dinge würde sich Herr Beckmann nun entscheiden?

Deine Teilnehmer überlegen nun gemeinsam, was Herr Beckmann mit seinen zusätzlichen 20 Minuten anfangen sollte.

Sie finden es sinnvoll, ihm zumindest frische Kleidung zu geben und auch beim Thema Zähneputzen werden sich alle schnell einig. Außerdem sind sie der Meinung, dass Herr Beckmann nicht ohne seinen Kaffee das Haus verlassen sollte. (Für einige Deiner Teilnehmer war der Kaffee ohnehin schon ein Must Have aus Szenario 1.) Auch der Abschiedskuss für die Ehefrau findet Anklang bei Deinen Teilnehmern. Und weil es heute recht windig ist, sollte er auf jeden Fall noch seine Jacke mitnehmen.

User Story Mapping - MVP

Zum Duschen und Rasieren bleibt leider immer noch nicht genügend Zeit für Herrn Beckmann. Das Frühstück für die Kinder oder das Füttern der Katze muss auch in diesem Szenario noch seine Frau übernehmen.

Durch das zusätzliche Zeitbudget definiert Ihr in Eurem User Story Mapping Workshop das, was in der agilen Produktentwicklung ein Minimum Viable Product (MVP) genannt wird. Es kann bereits recht gut in der Praxis genutzt werden und hat etwas mehr „Fleisch an den Knochen“ als ein Walking Skeleton. (Im wahrsten Sinne des Wortes.)

Ein MVP besitzt User Stories, die grundsätzlich auch fehlen könnten, die jedoch – wenn irgendwie möglich – vorhanden sein sollten.

Nice-to-Have User Stories entdecken

Beim letzten Schritt unseres User Story Mapping Beispiels geht es darum, Nice-to-Have Aufgaben von Herrn Beckmann zu entdecken. Dazu gibst Du Deinen Workshopteilnehmern ein drittes Szenario an die Hand.

Szenario 3: Papa, ich hab einen Platten!

Im dritten Szenario fällt für Herrn Beckmann eine zusätzliche Aufgabe an. Eines der Fahrräder seiner Kinder hat nämlich einen Platten, sodass er es zur Schule fahren muss. Die Schule liegt allerdings nicht direkt auf Herrn Beckmanns Arbeitsweg, sodass ihm gute 10 Minuten fehlen werden.

Im letzten Schritt Eures User Story Mapping Workshops überlegt Ihr Euch deshalb, auf welche morgendlichen Routinen und Aufgaben Herr Beckmann in diesem Fall wohl am ehesten verzichten könnte.

Ihr einigt Euch darauf, dass das Rasieren heute ausnahmsweise einmal ausfallen kann und Herr Beckmann seine geliebte Zeitung auch am Nachmittag noch lesen könnte.

User Story Mapping - Nice to Haves

User Story Mapping & MoSCoW-Priorisierung

[wpdiscuz-feedback id=“eaxjhvfgag“ question=“Hast Du User Story Mapping schon einmal gemeinsam mit der MoSCoW-Methode genutzt? Wie waren Deine Erfahrungen?“ opened=“1″]Wie Du vielleicht schon bemerkt hast, sind die Ergebnisse aus dem User Story Mapping kompatibel mit dem MosCoW-Prinzip.[/wpdiscuz-feedback]

User-Story-Mapping-MoSCoW-Prinzip.png
Must Haves
Should Haves
Could Haves
Won't Haves
User-Story-Mapping-MoSCoW-Prinzip.png
Must Haves
Should Haves
Could Haves
Won't Haves

Übertragt Eure Erkenntnisse auf die echte User Story Map!

Wenn Ihr gemeinsam das Szenario Herr Beckmann muss zur Arbeit durchgespielt habt, seid Ihr bereit, die gleiche Methode auf Euer Produkt (oder Projekt) anzuwenden.

Folgende Fragen könnt Ihr nun in Eurem User Story Mapping Workshop beantworten:

  • Was ist die Hauptaufgabe bzw. der Main Job, den Euer Kunde mit Eurem Produkt erledigen möchte?

  • Welche einzelnen Stationen (Job Stages) durchläuft er üblicherweise, um seinen Main Job zu erledigen?

  • Was sind seine Aufgaben an jeder dieser Stationen? Wie lauten User Stories (oder Job Stories) an diesen Stationen?

  • Welche Job bzw. User Stories sind essenziell für einen Walking Skeleton? (Must Haves)

  • Welche User Stories muss ein Minimum Viable Product erledigen können? (Should Haves)

  • Welche User Stories sind lediglich Nice-to-Haves und könnten eventuell komplett entfallen? (Won’t Haves)

Fazit zum User Story Mapping

Ich hoffe, ich konnte Dir mit diesem kleinen Szenario-Spiel zeigen, dass es gar nicht so schwer ist, einen User Story Mapping Workshop auch mit Teilnehmern durchzuführen, die diese Methode bislang noch nicht kannten.

Zum Schluss bin ich natürlich wie immer gespannt auf Deine Fragen, Feedback, Anregungen und Kritik zu dieser Priorisierungsmethode. Also, schreib mir gerne einen Kommentar hier unten auf der Seite und lass von Dir hören!