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Mit dem Strategy Canvas erhältst Du ein klares, gemeinsames Bild von der aktuellen strategischen Landschaft Deiner Branche. Es bildet Dein Strategieprofil und das Deines wichtigsten Wettbewerbers ab und hilft Dir dabei zu ermitteln, in welche Richtung Du Dich (später) bewegen kannst bzw. solltest.

Weil das Strategy Canvas Deine aktuelle Marktsituation abbildet, wird es auch oft as-is („Wie es ist“) Strategy Canvas genannt. (Später wirst Du (mit Hilfe des ERRC-Grids) ein weiteres Strategy Canvas entwerfen: das to-be („Wie es sein wird“) Strategy Canvas.

Erklärvideo zum Strategy Canvas

Auch wenn Du bestimmt gerne schon jetzt in die Zukunft schauen willst, ist es für Dich zuerst wichtig zu erkennen, nach welchen Spielregeln Dein aktueller Markt funktioniert. Denn vielleicht befindest Du Dich gar nicht in einem Red Ocean. Das as-is Strategy Canvas kann Dir also auch aufzeigen, dass eine Blue-Ocean-Strategie unnötig ist. Damit verfeinerst Du die Erkenntnisse, die Du bei Deiner Arbeit mit der Pioneer-Migrator-Settler-Map gesammelt hast.

Die Kernelemente des Strategy Canvas im Detail

Das Strategy Canvas besteht aus vier Kernelementen: Schlüsselfaktoren, Angebotsniveau, Kostenstruktur und Benchmark.

Schlüsselfaktoren

Auf der X-Achse des Strategy Canvas werden die Elemente notiert, die in einem Markt als die wichtigsten Wettbewerbsfaktoren gelten. Es sind Features und Merkmale, von denen beteiligte Unternehmen oder Organisationen eines Marktes glauben, dass sie relevant für ihre Kunden sind. (Und bei denen sie versuchen, sich fortlaufend gegenseitig zu übertreffen.)

Das as-is Strategy Canvas fokussiert sich dabei bewusst auf die reinen Features eines Produktes oder Services, die innerhalb eines Marktes als Schlüsselfaktoren gelten, ohne dabei zu hinterfragen, ob sie auch wirklich Nutzen für das Customer Segment stiften.

Wenn die Smartphone-Industrie also versucht, immer größere Displays zu entwickeln, wäre das ein für den Markt relevanter Schlüsselfaktor. Auch wenn vielleicht gar nicht klar ist, welchen Nutzen das für Smartphone-Besitzer darstellt. Oder ob übergroße Smartphones vielleicht sogar einen Nachteil für Kunden darstellen könnten.

Angebotsniveau

Über die Y-Achse des Strategy Canvas wird visualisiert, wie stark die relevanten Wettbewerbsfaktoren ausgeprägt sind. Dazu wird eine einfache Likert-Skala genutzt, die von 1 (gar nicht ausgeprägt) bis 5 (extrem ausgeprägt) reicht. Je höher ein Schlüsselfaktor im Strategy Canvas platziert wird, desto ausgeprägter und wichtiger ist er für Produkte oder Services eines Marktes. Dabei solltest Du das Angebotsniveau Deines Produktes immer im Vergleich zum Marktführer ermitteln, indem Du einen Benchmark machst.

Kostenstruktur

Auf jedem Strategy Canvas findest Du außerdem (stets als ersten Punkt) auf der X-Achse das Merkmal Preis. Da es sich beim Preis nicht um ein Feature handelt, ist ein niedriger Preis aus Kundensicht positiv zu bewerten und ein hoher Preis dementsprechend negativ.

Auch wenn die Kosten für die einzelnen Schlüsselfaktoren nicht direkt auf dem Strategy Canvas abgebildet werden, erhältst Du trotz allem eine gute Übersicht darüber, welche Merkmale kostspielig sind, weil sie stark ausgeprägt sind. Du kannst ebenfalls erkennen, in welche Merkmale alle Beteiligten investieren, um ihre Wettbewerber zu übertrumpfen und so durch hohe Kosten Alleinstellungsmerkmale zu entwickeln.

Benchmark

Auf dem Strategy Canvas werden stets zwei Strategieprofile angelegt: Das Strategieprofil Deines eigenen Produktes oder Services und das Strategieprofil des Marktführers Deiner Branche. Er steht stellvertretend für die im Markt relevanten Schlüsselfaktoren. Über diese beiden Profile kannst Du sichtbar machen, wie beziehungsweise ob sich diese Profile ausreichend voneinander unterscheiden oder nicht.

Je mehr sich Deine Value Proposition in einem Red Ocean befindest, desto schwieriger wird es sein, echte Alleinstellungsmerkmale zu entwickeln, da Deine Mitbewerber unmittelbar „nachziehen“ werden. Dieser Prozess nennt sich Commoditisierung und spielt auch bei den Wardley Maps eine wichtige Rolle.

Drei Kriterien für ein erfolgreiches Strategieprofil

Wenn Du überprüfen willst, ob sich Dein Strategieprofil ausreichend von dem Deiner Wettbewerber unterscheidet, sollte es 3 Kriterien erfüllen.

  • Sollte Dir das Tagline-Kriterium Schwierigkeiten bereiten, empfehle ich Dir die Übung zur Positioning Boilerplate. (Artikel folgt.)

Wie Du einen Strategy Canvas Workshop durchführst

Genau wie der Workshop für die Pioneer-Migrator-Settler Map ist der Workshop für das as-is Strategy Canvas kein Kundenworkshop, sondern eine Selbstanalyse. Das Ziel des Workshops ist es zu verstehen, wie Eure Organisation oder Euer Unternehmen die aktuelle Marktsituation versteht. Nach dem Workshop solltet Ihr folgende Fragen beantworten können:

  • Welche Wettbewerbsfaktoren gelten unserer Meinung nach für unsere Value Proposition im aktuellen Markt?

  • Wie viel (oder wie wenig) bietet unsere Value Proposition hinsichtlich dieser Wettbewerbsfaktoren?
  • Wie steht unsere Value Proposition im Vergleich zum Marktführer da?

  • Welchen Preis hat unsere Value Proposition im Vergleich zum Wettbewerb?

Benennt Eure Branche

Zu Beginn Eures Workshops solltet Ihr gemeinsam die Branche benennen, in der sich Eure Value Proposition befindet. Dieser Schritt ist in der Regel recht einfach, nichtsdestotrotz sehr wichtig. Denn er dient dazu, jedem der Teilnehmer den gleichen Referenzpunkt zu geben. Außerdem hilft Euch das dabei, Euch im Workshop darauf zu fokussieren, wie die Branche derzeit ist. (Und nicht, wie sie vielleicht sein sollte.)

Identifiziert die Schlüsselfaktoren

Sammelt die wichtigsten Schlüsselfaktoren Eurer Branche. Dabei sollten am Ende mindestens fünf, aber maximal zwölf Schlüsselfaktoren zusammenkommen. Formuliert die Schlüsselfaktoren aus Sicht und in der Sprache Euer Kunden. Vermeidet technische Fachbegriffe, die lediglich intern von Experten genutzt werden. (Also etwa Verbindungsgeschwindigkeit anstelle von Long Term Evolution.)

Vor dem Workshop solltet Ihr jedem Teilnehmer diese Aufgabe bereits als vorbereitende Einzelaufgabe stellen. So vermeidet Ihr Gruppendenken und habt außerdem den Vorteil, unterschiedliche Sichtweisen über Eure Branche aufzudecken. (Im Normalfall wird es ohnehin so sein, dass etwa die Hälfte bis zwei Drittel identischer Schlüsselfaktoren dabei zu Tage treten.)

  • Alternativ könnt Ihr für das Sammeln der Schlüsselfaktoren auch die 1-2-4-All-Methode der Liberating Structures nutzen. So könnt Ihr innerhalb von gut 15 Minuten die wichtigsten Merkmale Eurer Branche identifizieren.

Nutzt das Business Model Canvas als Informationsquelle

Falls Ihr bereits ein Business Model Canvas für Euren aktuellen Markt entwickelt habt, könnt Ihr zur Ermittlung der Schlüsselfaktoren neben dem Element Value Proposition auch die Bereiche Channel (Customer Journey) und Customer Relationship zu Rate ziehen, da diese Elemente sich auf der dem Kunden zugewandten Seite befinden. (Frontstage des BMC)

Benennt einen Key Player

Der Key Player dient Euch als Bezugspunkt zur Bewertung Eures eigenen Angebots. In der Regel wird das der Marktführer sein, da er durch seine Position die Standards Eurer Branche definiert. Falls Ihr hingegen einen Nischenmarkt bedient, wird es auch dort wichtige Wettbewerber geben, die Euch als Referenz dienen können. Solltet Ihr selbst der Marktführer einer Branche sein, entscheidet Euch für Euren größten Wettbewerber als Key Player.

Solltet Ihr das Bedürfnis verspüren, dass ein einziger Key Player nicht ausreicht, steht es Euch natürlich frei, einen oder vielleicht sogar zwei weitere Strategieprofile auf Eurem Strategy Canvas einzuzeichnen. Ihr solltet aber hinterfragen, warum das so ist. Höchstwahrscheinlich stammen verschiedene, für Euch relevante Key Player aus unterschiedlichen Branchen oder Eure Branche befindet sich (noch) nicht in einem Red Ocean, sodass der Commoditisierungs-Effekt noch gar nicht voll greift.

Bewertet Eure Value Proposition

Im vierten Schritt vergleicht Ihr nun das Strategieprofil des Key Players mit Eurem eigenen. So könnt Ihr ermitteln, bei welchen Schlüsselfaktoren das Angebotsniveau Eures Produktes oder Services höher, niedriger oder (nahezu) identisch ist.

Zeichnet Euer Strategieprofil

Übertragt Eure Erkenntnisse aus den vorangegangenen Schritten auf das as-is Strategy Canvas und visualisiert somit zwei Strategieprofile – eines für den Key Player der Branche und eines für Euer eigenes Produkt. Formuliert außerdem gemeinsam eine Tagline, welche die Besonderheit bzw. das Alleinstellungsmerkmal Eurer Value Proposition für jeden Kunden eingängig auf den Punkt bringt.

Das Ergebnis Eures Strategy Canvas Workshops

Am Ende des Workshops sollte Euch das fertige as-is Strategy Canvas einen klaren Blick auf die strategische Situation Eurer Branche vermitteln. Auf dieser Basis könnt Ihr nun gemeinsam Entscheidungen zu treffen und weitere zukünftige Schritte einleiten.

Falls Euer eigenes Strategieprofil nahezu identisch mit dem Eures Key Players ist, habt Ihr gemeinsam die Notwendigkeit zum Wandel erkannt. Ihr befindet Euch in einem Red Ocean.

Es kann jedoch auch der Fall eintreten, dass sich beide Strategieprofile ausreichend von einander unterscheiden und eine Blue-Ocean-Strategie unnötig ist, da Ihr deutlich besser seid als Euer wichtigster Key Player.

Nächster Schritt – die Buyer Utility Map

Ich hoffe, ich konnte Dir mit meinem Artikel dabei helfen, das Strategy Canvas gewinnbringend zu nutzen. Im nächsten Artikel zur Blue-Ocean-Strategie zeige ich Dir, wie Du mit der Buyer Utility Map neuen Nutzen entdecken kannst, den Deine gesamte Branche derzeit ignoriert.