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In diesem Blogartikel stelle ich Dir die sogenannte Commodity-Falle vor und zeige Dir, warum sie für Unternehmen so gefährlich ist. Dabei greife ich sowohl auf die Blue-Ocean-Strategie als auch auf Wardley Maps zurück, mit denen sich das Problem sehr gut verdeutlichen lässt. Außerdem zeigen Dir beide Tools auf, wo Du den Fokus setzen solltest, um der Commodity-Falle zu entkommen.

Was ist die Commodity-Falle?

Wenn Du Dich bereits mit Wardley Maps beschäftigt hast, dann ist Dir das Climatic Pattern Everything evolves through supply and demand competition wahrscheinlich schon ein Begriff. Nach Simon Wardley durchläuft jede Komponente auf der Karte die vier Phasen Genesis, Custom Built, Product und Commodity. (Sie wandert also mit der Zeit von links nach rechts.)

Die vierte und letzte Phase stellt für die allermeisten Unternehmen ein Problem dar, denn die heißgeliebte Cashcow verwandelt sich durch das enge Geflecht an Anforderungen und Standards in ein mehr oder weniger form- und farbloses Etwas. Für Deine Kunden ist Dein Produkt ein allgegenwärtiger Gebrauchsgegenstand, über den sie nicht weiter nachdenken. Im besten Fall soll er „einfach da sein“ und funktionieren. (Elektrischer Strom oder Mobilfunk sind gute Beispiele für eine Commodity.)

In dieser Phase ist es für Dein Unternehmen kaum mehr möglich, irgendeine Art von Alleinstellungsmerkmal zu entwickeln. Im Grunde hast Du nur noch durch niedrige Preise eine Chance, Kunden zu gewinnen (und zu halten). Die Phase Peace endet, die War-Phase beginnt. Deine Organisation erlebt das, was Simon wardley das Punctuated Equilibrium nennt.

Blue-Ocean-Strategie und Wardley Map im Vergleich

Im Großen und Ganzen deckt sich das, was Simon Wardley als Commodity-Phase bezeichnet, mit dem, was Kim und Mauborgne als Red Ocean bezeichnen.

Ein Marktsegment verdichtet sich und es entsteht ein immer größerer Wettbewerb untereinander. Dein Produkt verlässt unwiederbringlich den Blue Ocean und steckt nun in der Commodity-Falle.

Das Strategy Canvas

Mit dem Strategy Canvas der Blue-Ocean-Strategie kannst Du visualisieren, wie stark bestimmte Produktmerkmale innerhalb eines Marktsegmentes ausgeprägt sind. Ist ein Feature besonders wichtig, wird es auf dem Strategy Canvas weit oben platziert. Wenn es weniger wichtig ist, setzt Du es entsprechend weiter unten an. Auch auf dem Strategy Canvas der Blue-Ocean-Strategie wird die Commodity-Falle sichtbar.

Das Strategy Canvas vor der Commodity-Falle

Solange Du Dich mit Deinem Produkt oder Deinem Service in den Wardley-Map-Phasen Genesis, Custom Built oder Product befindest, erwarten Dich keine großen Probleme.

Die Kurven aller Wettbewerber werden auf dem Strategy Canvas unterschiedlich ausgeprägt sein.

Darüber hinaus haben die meisten Anbieter Produktmerkmale, die andere Anbieter nur in geringem Maße oder gar nicht haben.

Das Strategy Canvas im Zustand der Commodity-Falle

Befindest Du Dich hingegen im Red Ocean (also mitten in der Commodity-Falle), stellt es sich für Dich so dar, dass sowohl Dein eigenes Produkt (rote Linie) als auch die Produkte Deiner Mitbewerber die gleichen Merkmale aufweisen.

Das gilt selbst dann, wenn Dein Markt in Luxus- und Discount-Produkte segmentiert sein sollte. Auch im Discount-Bereich wird es jede Menge Mitbewerber geben, die Dir Deine Kunden wegschnappen (wollen).

Wer hat eigentlich die Zäune aufgestellt?

Die Frage, die Du Dir nun stellen musst, ist: Wieso ist Dein Kunden- oder Marktsegment eigentlich so und nicht anders? Denn die Märkte, die sich durch den Evolutionsprozess auf der Wardley Map herausbilden, sind im Grunde willkürlich. Niemand gibt sie Dir vor und wenn Du es nur schlau anstellst, kannst sie durchbrechen und Dich so aufstellen, dass Du den Blue Ocean erreichen bzw. selbst erzeugen kannst.

Wer ist eigentlich kein Kunde und warum?

Mit der Blue-Ocean-Strategie verlässt Du ausgetretene Pfade und beschäftigst Dich mit denjenigen Menschen, die kein Kunde (Noncustomer) sind. Damit sind nicht diejenigen Menschen gemeint, die nicht bei Dir, sondern bei einem Deiner Mitbewerber Kunde sind. Sondern die Menschen, die von der gesamten Branche nicht erfasst werden! Nach Kim und Mauborgne gibt es drei verschiedene Schichten oder Bereiche von Noncustomers.

TIER 1: Soon-to-be Noncustomers

Es gibt Menschen, die nur aus einem einzigen Grund Kunde bei bestimmten Unternehmen sind: Weil ihnen keine passende Alternative angeboten wird. Sie nutzen Dienstleistungen und Produkte aus dem schlichten Grund, weil es derzeit nichts anderes gibt.

Sobald aber jemanden auf der Spielfläche erscheint, der ihnen genau diese Alternative bietet, werden sie ihren aktuellen Anbieter verlassen. (Dieser neue Anbieter kann dabei aus einem vollkommen anderen Marktbereich kommen. Es geht also nicht darum, einem Mitbewerber Kunden abzugewinnen.)

TIER 2: Refusing Noncustomers

Der zweite Bereich der Noncustomers umfasst diejenigen Menschen, die sich zwar mit bestimmten Angeboten und Dienstleistungen einer Branche beschäftigt haben, sich aber aus den verschiedensten Gründen dagegen entscheiden. Manchmal greifen sie auch auf Alternativen aus einer anderen Branche zurück. Häufig unternehmen sie jedoch auch: gar nichts.

TIER 3: Unexplored Noncustomers

Der dritte und größte Bereich sind die sogenannten unexplored Noncustomers. Weder Du selbst noch Deine Mitbewerber noch die Noncustomers selbst haben darüber nachgedacht, dass es ein passendes Angebot für diese Gruppe geben könnte.

Mit dem ERRC-Grid aus der Commodity-Falle

Wenn Du Dich aus dem Red Ocean bzw. der Commodity-Falle freischwimmen willst, musst Du Dich intensiv mit allen drei Noncustomer-Bereichen beschäftigen.

Du musst herausfinden, welche Gründe dazu führen, dass sie Noncustomer sind.

  • Nach welchen Alternativen sehnen sie sich (Tier 1)?
  • Warum lehnen sie existierende Produkte und Dienstleistungen ab (Tier 2)?
  • Warum haben sie (und wir selbst) noch nie darüber nachgedacht haben, dass sie unsere Produkte nutzen könnten (Tier 3), wenn sie nur anders wären?

  • Diese Gründe lassen sich im Übrigen sehr gut mit der Buyer Utility Map erfassen und auswerten.

Wenn Du die Gründe von Nichtkunden erfasst hast, kannst Du die wichtigsten Merkmale Deines Produktes oder Services damit abgleichen. Das ERRC-Grid hilft Dir anschließend dabei, alle Features auf den Prüfstand zu stellen und zu verändern. Das Akronym ERRC steht dabei für die Begriffe Eliminate, Reduce, Raise und Create.

Eliminate

Unter Elimininate erfasst Du all jene Produktmerkmale, die für Nichtkunden irrelevant sind. (Besonderen Fokus verdienen hier diejenigen Features, die für Dich besonders kostspielig und teuer sind. Sie zu eliminieren ist eine Grundvoraussetzung für einen Blue Ocean.)

Reduce

Wenn Du ein Feature nicht eliminieren kannst, weil es in irgendeiner Form für Nichtkunden notwendig ist, solltest Du versuchen, es zumindest so weit wie möglich zu minimieren. Diese Features hältst Du im Bereich Reduce fest. (Auch hier bedürfen die teuersten Merkmale Deines aktuellen Produktes besonderer Aufmerksamkeit.)

Raise

Hast Du durch die Beschäftigung mit Nichtkunden herausgefunden, dass ihnen einige Merkmale besonders wichtig sind, diese aber von keinem Anbieter richtig gut erfüllt werden, überlege Dir Möglichkeiten, diese über den aktuellen Standard zu heben. Diese Merkmale platzierst Du daher in der Kategorie Raise.

Create

Nichtkunden werden Dir außerdem Merkmale und Features nennen, die sie bisher nirgends finden konnten. Diese Merkmale zu erschaffen ist eine wichtige Aufgabe für Dich, wenn Du einen Blue Ocean erzeugen willst, um der Commodity-Falle zu entkommen.

Denn durch sie veränderst Du Deine Produktmerkmale auf dem Strategy Canvas so nachhaltig, dass Dir keiner Deiner Wettbewerber dorthin folgen kann. Halte diese Features unter Create fest.

Der Blue Ocean auf dem To-be Strategy Canvas

Die notwendigen Veränderungen, die Du über das ERRC-Grid ermittelt hast, ermöglichen es Dir nun, Dein Produkt so zu verändern, dass sich dessen Merkmale auf dem Strategy Canvas von Deinen vorherigen Wettbewerbern dramatisch unterscheiden.

Das bedeutet für Dich jedoch keinen Nachteil gegenüber Deinen Wettbewerbern, wie Du jetzt vielleicht befürchtest. Denn dadurch, dass Du Dich ausschließlich mit Nichtkunden beschäftigt hast, veränderst Du das ursprüngliche Customer Segment vollkommen.

Man könnte auch sagen, dass Du es durch die Beschäftigung mit Nichtkunden komplett ausgetauscht hast, wodurch Du den bisherigen Kriegsschauplatz der Commodity-Falle Deinen ehemaligen Wettbewerbern überlässt und einen neuen Markt (mit neuen Kunden) erzeugt hast.

Auch mit dieser Idee steht die Blue-Ocean-Strategie nicht im Widerspruch zu Wardley Maps. Denn auch Simon Wardley weist an mehreren Stellen darauf hin, dass die Evolutionsphasen jeder Komponente auf einer Karte immer nur für bestimmte Gruppen oder Marktsegmente gelten. Es ist also durchaus möglich, dass sich eine Komponente auf Deiner Wardley Map in einem spezifischen Bereich sehr weit verbreitet hat (commodity) und in anderen Bereichen wenig bis gar nicht (Genesis-Phase).