Wenn Organisationen selbstorganisierte Teams zu etablieren, kommt es sehr häufig zu Konflikten und Problemen. Was soll und darf das Team entscheiden? Was darf es (noch) nicht entscheiden? Welche Rolle spielt die Führungskraft? Ist eigentlich allen klar, dass die Verantwortung für bestimmte Entscheidungen übertragen werden soll(te)? Und falls ja, warum wurde die Verantwortung scheinbar (noch) nicht übernommen?
Sehr oft liegt die Ursache dieser Probleme darin, dass weder der Führungskraft noch dem Team genau klar ist, wie weit die Selbstorganisation aktuell geht oder gehen soll. Mit Delegation Poker könnt Ihr gemeinsam mit Eurer Führungskraft für mehr Klarheit auf beiden Seiten sorgen und die Autonomie Eures Teams schrittweise erhöhen.
Was ist Delegation Poker?
Delegation Poker ist eine von Jurgen Appelo entwickelte Methode, die im Jahr 2010 in seinem Buch Management 3.0 das Licht der Welt erblickte. Sie unterstützt Führungskräfte und Teams dabei, Rahmenbedingungen für Entscheidungen besser zu klären.
Dabei funktioniert Delegation Poker wie eine Mischung aus Planning Poker und RACI-Matrix, legt jedoch einen Fokus darauf, Entscheidungs-Befugnisse bzw. -Macht von der Führungskraft an das Team zu delegieren. Appelos Spiel hilft vor allem dabei, Shared Leadership in selbstorganisierten Teams zu ermöglichen und die Verantwortung der Führungskraft schrittweise zu übertragen.
Die 7 Delegationsstufen im Überblick
Um diesen schrittweisen Übergang zu ermöglichen, unterscheidet Appelo zwischen 7 verschiedenen Delegations-Stufen bzw. Leveln, die ich Dir kurz vorstellen möchte.
Die Führungskraft entscheidet alleine und teilt die Entscheidung dem jeweiligen Team lediglich mit. Eine Diskussion über die getroffene Entscheidung ist dabei nicht gewünscht.
Auch hier entscheidet die Führungskraft alleine, versucht allerdings das Team von der Entscheidung zu überzeugen, indem es ihre Gründe und Motivationen offenlegt. Die Entscheidung ist dabei aber immer noch unumstößlich. Es soll lediglich dafür gesorgt werden, dass sie für alle Beteiligten nachvollziehbar ist.
Auf dieser Delegationsstufe befragt die Führungskraft alle Betroffenen, bevor sie alleine die Entscheidung fällt. Nach Möglichkeit berücksichtigt sie dabei das Feedback des Teams zu der ausstehenden Entscheidung.
Auf dem Delegation Level Agree wird die anstehende Entscheidung gemeinsam durch Führungskraft und Team getroffen. Es findet also solange ein gemeinsamer Austausch statt, bis ein Konsens entsteht. (Alternativ ist auch eine Konsent-Entscheidung denkbar, falls ein Mehrheitsentscheid nicht praktikabel ist.)
Auf dieser Stufe geht die Entscheidungsmacht vollkommen auf das jeweilige Team über. Allerdings gibt die Führungskraft dem Team vorher ihre eigene Perspektive mit und unterstützt dieses mit Ratschlägen.
Auf dem sechsten Delegation Level trifft das Team die Entscheidung allein, ist aber aufgefordert, ihre Führungskraft nach der Entscheidung von dieser zu überzeugen.
Auf der 7. und höchsten Delegationsstufe liegt die zu treffende Entscheidung vollständig beim Team. Die Führungskraft ist auf dieser Stufe überhaupt nicht mehr involviert.
Wie wird Delegation Poker gespielt?
Das Delegation Board
Alle Ergebnisse aus Eurer Poker-Runde solltet Ihr auf einem Delegation Board festhalten. Dabei handelt es sich um eine einfache Tabelle, in der jeder Entscheidungsfall eine eigene Zeile erhält und für jeden Delegation Level eine Spalte existiert.
Das Delegation Board hilft Euch dabei, Eure Entscheidungen für alle gut sichtbar zu machen und bei potenziellen Konflikten zu Rate zu ziehen.
Auch für den agile Coach oder Scrum Master eines Teams ist das Board hilfreich, um gemeinsam Überlegungen anzustellen, was unternommen werden muss, um den Autonomie-Grad des Teams weiter zu erhöhen.
Oder kurz gesagt: Was muss passieren, damit Karten im Delegation Board weiter nach rechts wandern können?
Der Shared Leadership Compass
Statt ein eigenes Delegation Board für Eure Poker-Runde zu entwerfen, könnt Ihr auch auf den Shared Leadership Compass von Chili and Change zurückgreifen.
Der Compass nutzt die identischen Delegation Level, unterstützt Euch jedoch bei der potenziellen Themenauswahl, indem er klassische Führungsaufgaben bereits “vorgibt”.
Der Nachteil am Shared Leadership Compass ist allerdings, dass bereits recht klar definiert ist, was jede Stufe genau bedeuten soll. Das kann (meiner Meinung nach) den Diskurs untereinander durchaus ein wenig einschränken.
Downloads, Materialien & Templates für Delegation Poker
Fazit zum Delegation Poker
Mit Delegation Poker hat Jurgen Appelo ein wirklich leicht anzuwendendes und intuitives Tool geschaffen, mit dessen Hilfe es gelingen kann, agilen Teamx schrittweise mehr Selbstorganisation und Autonomie zu ermöglichen. Das Pokerspiel ist damit auch eine gute Ergänzung zur RACI-Matrix und kann zum Beispiel auch in Kombination mit dem Product Ownershio Evolution Model verwendet werden.