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Wie Du in meiner Einführung zu Wardley Maps bereits gesehen hast, sind Karten ein mächtiges Tool, um strategische Entscheidungen zu treffen. In diesem Artikel lernst Du die 6 notwendigen Merkmale von Karten kennen. Treffen diese sechs Merkmale nicht zu, handelt es sich nach Simon Wardley auch nicht um eine Karte. Um für Dich das Ganze möglichst anschaulich zu machen, werde ich diese Kartenmerkmale einmal auf die beliebte Megatrend-Map des Zukunftsinstituts anwenden und Dir zeigen, warum sie keine echte Karte ist.

Mit diesem Wissen bist Du dann später in der Lage, die grundsätzliche Funktionsweise von Wardley Maps zu verstehen und auch andere strategische Tools nach ihrer Nützlichkeit zu beurteilen.

Merkmale von Karten

Bevor wir jedoch zur Megatrend-Map des Zukunftsinstituts kommen, hier die sechs Merkmale von Karten, die Simon Wardley definiert hat. Trifft nur eines dieser Merkmale nicht zu, haben wir es nicht mit einer Karte zu tun, sondern mit irgendetwas anderem.

Die Merkmale von Karten im Überblick

Warum die Megatrend-Map keine Karte ist

Damit Dir klar wird, was genau hinter diesen 6 Merkmalen von Karten steckt, veranschauliche ich Dir diese anhand der beliebten Megatrend-Map des Zukunftsinstituts, das nach eigenen Angaben, die „Trend- und Zukunftsforschung in Deutschland von Anfang an maßgeblich geprägt“ hat. Die Megatrend-Map soll (angeblich) Chancen und Potenziale sichtbar und „alle Aspekte des Wandels in Wirtschaft und Gesellschaft auf einen Blick sichtbar und verstehbar“ machen.

Das Versprechen der Megatrend-Map klingt ziemlich genau nach dem, was auch Simon Wardley von einer Karte erwarten würde. Ein Abbild unserer strategischen Landschaft, das uns dabei hilft, uns in dieser Landschaft sicher zu bewegen. Aber nehmen wir doch einmal die sechs Merkmale einer Karte, die Wardley definiert hat und schauen, ob es sich bei der Megatrend Map des Zukunftsinstituts wirklich um eine (hilfreiche) Karte handelt.

Visuell (Ja)

Die Megatrend-Map ist offensichtlich visuell. Optisch ähnelt sie dabei einer Straßenbahn-Karte oder einer Übersicht für öffentliche Verkehrsmittel. Sie vermittelt Dir den Eindruck, dass Du mithilfe dieser Karte innerhalb der gezeigten Mega- und Subtrends navigieren und Deine Richtung bestimmen kannst. Ob das tatsächlich funktionieren kann, werden wir bei den nächsten fünf Merkmalen sehen.

Kontext (Nein)

Die Megatrend-Map besitzt keinen spezifischen Kontext. Im Großen und Ganzen listet sie lediglich 12 Megatrends auf, denen diverse Subtrends zugeordnet sind, die dann (wie Haltestationen) aneinandergereiht sind. Einige dieser Subtrends gehören offenbar zu verschiedenen Megatrends, sodass sich Knotenpunkte ergeben.

Stellst Du Dir jedoch die Frage „Worum geht es bei dieser Karte?“, dann kannst Du diese nicht exakter beantworten als „Irgendwas mit Megatrends“. Tatsächlich geht es um eine Vielzahl verschiedener Dinge, die (zumindest nach Ansicht des Zukunftsinstituts) mehr oder weniger stark miteinander verbunden sind.

Die Frage, bei welchen konkreten Entscheidungen oder Situationen Dir diese Karte helfen soll, lässt sich jedoch nicht eindeutig beantworten.

Komponenten (Ja)

Hier kann die Megatrend-Map wieder punkten. Abgebildet werden diverse Mega- und Subtrends, dargestellt als kleine Haltestationen.

Position (Nein)

Die Komponenten der Megatrend-Map sind zwar „irgendwo eingezeichnet“, aber ihre konkrete Position ist irrelevant. Du könntest sie jederzeit auf ihrer U-Bahn-Linie verschieben oder sogar untereinander austauschen, ohne dass sich ihre Bedeutung verändern würde.

In a map, space has meaning.

Simon WardleySimon Wardley, Learn Wardley Mapping

Du könntest Bio-Boom jederzeit näher zu Gemeinwohl-Ökonomie verschieben oder beide Komponenten miteinander vertauschen, ohne dass sich dadurch irgendetwas ändern würde

Im Vergleich dazu: Ob Deine Dame beim Schach auf dem Feld H4 oder G5 steht, kann – je nach Spielsituation – einen dramatischen Unterschied bedeuten. Genauso macht es einen Unterschied, wenn auf einer realen Straßenbahn-Karte Haltestationen miteinander vertauscht würden.

Anker (Nein)

Der Anker einer Karte ist der Bezugspunkt, an dem sich die einzelnen Komponenten ausrichten. Eine Landkarte besitzt beispielsweise eine Kompassrose, die es ermöglicht, sie zu norden und mit der Realität in ein Verhältnis zu setzen. Bei einem Schachspiel ist der gegnerische König der Bezugspunkt. Auf der Megatrend-Map ist ein solcher Anker nicht vorhanden.

Bewegung (Nein)

Dadurch dass der Megatrend-Map ein Bezugspunkt (Anker) fehlt und die Position der einzelnen Komponenten keinerlei Bedeutung hat (oder sie vielmehr keinerlei Position haben), kannst Du die Komponenten darauf nicht bewegen. Oder besser gesagt: Wenn Du Komponenten bewegst, hat das keinerlei Bedeutung und verändert die Aussage „Karte“ nicht.

Du kannst Dich auch nicht mit Hilfe dieser Karte in einem bestimmten Kontext bewegen, da der Kontext fehlt. Oder kannst Du Dir vorstellen, beim Megatrend Wissenskultur Deine Reise zu beginnen? Wohin führt sie Dich? Fährst Du über die Station Edutrainment, Playfulness bis nach Crowdsourcing? Steigst Du dort um in die Linie Konnektivität in Richtung Social Networks und Plattformökonomie?

In dieser Hinsicht ist auch Simon Wardley vielleicht ein wenig ungenau, da man darüber streiten kann, ob eine Schachfigur Teil der Karte selbst ist oder sich nur auf ihr bewegt. Genauso wie es diskutabel wäre, die Position Deines Autos auf der Landkarte als Teil der Karte zu betrachten. Einigen wir uns deshalb an dieser Stelle darauf, dass eine Karte Bewegung für Komponenten auf dieser Karte ermöglichen muss und es nicht wichtig ist zu definieren, ob diese Komponenten Teil der Karte sind oder nur auf der Karte bewegt werden können.

Fazit zur Megatrend-Map

Zusammenfassend können wir festhalten, dass die Megatrend-Map zwar hübsch anzuschauen ist, sie aber über einen dekorativen Zweck hinausgehend keinerlei Nutzen stiftet. Vor allem wenn es darum geht, Trends einzuschätzen, zu erkennen und daraus strategische Entscheidungen abzuleiten.

  • In seinem Artikel Show me a Map! hat Simon Wardley einige weitere hilfreiche Beispiele verschiedenster Tools aufgeführt, die keine echten Karten sind, weil ihnen ein oder mehrere der hier vorgestellten Aspekte fehlen.

Im nächsten Artikel zeige ich Dir dann, wie Du mit Hilfe von Evolutionsstufen aus Deiner Value Chain eine echte Wardley Map erzeugen kannst.