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Das Produktziel existiert seit dem Update im November 2020 im Scrum Guide. Neben dem Sprintziel und der Definition of Done ist es eines der drei Scrum Commitments, die seitdem fester Bestandteil der Scrum Artefakte sind. In diesem Artikel gehe ich näher darauf ein, welchen Nutzen Dir als Product Owner ein Produktziel stiftet und worauf Du dabei achten solltest, wenn Du eines (gemeinsam mit Deinem Team) formulierst.

Sinn & Zweck des Produktziels

Das Produktziel in Scrum dient gleich mehreren wichtigen Zwecken. Zunächst einmal sorgt es dafür, dass innerhalb Deines Scrum Teams (und natürlich auch innerhalb Deiner Organisation) Klarheit darüber herrscht, was überhaupt erreicht werden soll. Zweitens hilft es Dir als Product Owner dabei, Dein Backlog zu priorisieren oder sogar zu entscheiden, ob eine Anforderung überhaupt ihren Weg in Dein Product Backlog findet. Drittens kann Dein Scrum Team sinnvolle Sprintziele aus Deinem Produktziel ableiten. Viertens fördert es Selbstorganisation und Selbstmanagement der Entwickler Deines Teams.

Klarheit

Nur durch ein Produktziel ist allen Beteiligten klar, wohin die Reise gehen soll und warum bestimmte Dinge getan werden (und andere nicht). Ohne ein Produktziel ist das Product Backlog nur ein Ansammlung verschiedener Aufgaben und ToDo’s, die nebeneinander stehen und nicht gewichtet oder priorisiert werden können. Damit ist das Produktziel eines der wichtigsten Tools für Dich als Product Owner, denn mit seiner Hilfe kannst Du Deinen Stakeholdern vermitteln, warum Dein Backlog so ist wie es ist. (Und eben nicht anders.)

Priorisierung des Product Backlogs & Nein-Sagen

Im besten Fall ergibt sich die Priorisierung Deines Backlogs direkt aus dem Produktziel. Wenn Klarheit über das zu erreichende Ziel herrscht, lässt sich daraus auch eine Gewichtung und somit eine Reihenfolge aus Aufgaben und ToDo’s ableiten.

Darüber hinaus hilft Dir das Produktziel ebenfalls dabei, spezielle Wünsche, Ideen oder Anforderungen abzulehnen. Denn immer dann, wenn in Frage steht, wie eine Anforderung auf das aktuelle Ziel des Produktes einzahlt, sollte diese Anforderung als Impediment betrachtet werden.

Sprintziele ableiten

Ein klar formuliertes Produktziel hilft Deinem Scrum Team dabei, während des Sprint Plannings Sprintziele daraus abzuleiten. Denn erst wenn klar ist, was der finale Zustand des Produktes sein soll, lassen sich daraus einzelne Teilschritte ableiten, die notwendig sind, um dorthin zu gelangen.

Selbstorganisation & Selbstmanagement

Selbstorganisation und Selbstmanagement sind ein essenzieller Baustein des agilen Arbeitens. Es beschleunigt das Fertigstellen neuer Produkt-Features, vereinfacht Arbeitsprozesse und macht Entscheidungsketten obsolet.

Ein Scrum Team kann jedoch nur dann autonom arbeiten, wenn es weiß, was das Ergebnis seiner Arbeit sein soll.

Jede Unklarheit über das Endergebnis sorgt dafür, dass nachgefragt werden muss, debattiert wird oder Entscheidungen permanent neu getroffen werden müssen.

Was macht ein gutes Produktziel aus?

Nachdem Du nun gelesen hast, wie wichtig das Produktziel für Dich als Produkt Owner ist, stellt sich Dir vielleicht die Frage, was ein gutes Produktziel auszeichnet. Grundsätzlich gibt es drei wichtige Dinge, auf die Du achten solltest, damit Dein Produktziel auch wirklich seinen Zweck erfüllt und eine Wirkung entfaltet.

  • Erstens sollte es eine emotionale Wirkung erzeugen und Motivation fördern.

  • Zweitens sollte Dein Produktziel durch ausgewählte Metriken messbar sein, damit jedem klar ist, ob und wann es erreicht wurde.

  • Und drittens sollte Dein Produktziel sich auf Outcome und nicht auf Output konzentrieren.

Motivation fördern

Als erstes solltest Du darauf achten, dass Dein Produktziel eine emotionale Wirkung auf alle Beteiligten hat. Es muss etwas sein, von dem alle der Meinung sind, dass es das Produkt entscheidend voranbringt. Bestenfalls ist es so anziehend, dass niemand mehr abwarten kann, mit der Arbeit zu beginnen.

Die weit verbreitete SMART-Formel ist wenig hilfreich, um Ziele zu formulieren, die uns in Schwingung versetzen. Deshalb empfehle ich Dir, die RESONANT-Formel als Hilfe, wirklich attraktive und anziehende Ziele für Dein Produkt zu formulieren.

Klarheit durch Messbarkeit

Häufig klingen Produktziele zwar extrem ansprechend, aber sie sind so generisch geraten, dass jeder etwas anderes darunter versteht. Dagegen ist auch erst einmal nichts einzuwenden. Voraussetzung ist allerdings, dass es darüber hinaus klare Kriterien gibt, die – bestenfalls in Form einer Metrik – angeben, wann es erreicht ist.

Schon alleine die Diskussion darüber, welche Metrik ein Ziel messen könnte und wie hoch oder niedrig sie sein sollte, bringt für alle Beteiligten mehr Klarheit.

  • Sehr hilfreich hierbei sind Objectives & Key Results. Denn sie vereinen beide hier aufgeführten Punkte: Das Objective dient dazu, eine emotionale Wirkung zu erzeugen. Die Key Results hingegen sorgen für eine Messbarkeit des Objectives.

Fokus auf Outcome statt Output

Dein Produktziel sollte sich im besten Fall auf den Outcome konzentrieren und nicht auf den Output, den Dein Scrum Team mit seiner Arbeit liefert. Es ist eben etwas ganz anderes, ob Ihr „100 neue Features“ programmieren möchtet oder versucht, die Kundenzufriedenheit um 15 % zu steigern. (Gemessen mit dem Net Promoter Score.) Es kann nämlich gut sein, dass dazu gar nicht 100 Features notwendig sein werden.

  • Du kennst Den Unterschied zwischen Output & Outcome (noch) nicht? Kein Problem! In meinem Artikel Output vs. Outcomet gehe ich ausführlich darauf ein.

Methoden, um Produkziele zu formulieren

Zwei methodische Ansätze, um Produktziele zu formulieren, sind für Dich und Dein Scrum Team außerordentlich gut geeignet: Objectives & Key Results (OKR) und Evidence-Based Management (EBM). Denn beide sind ausgesprochen kompatibel mit dem Scrum Framework und greifen gut ineinander. Wenn Du möchtest, kannst Du sogar Scrum, OKR und EBM gleichzeitig nutzen.
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Welche Methoden nutzt Du, um Dein Produktziel zu formulieren? Wie sind Deine Erfahrungen damit?x

Objectives & Key Results

Das OKR-Framework hat viele Gemeinsamkeiten mit Scrum. Üblicherweise findet auch hier ein Planning statt und zum Ende des Zyklus finden eine Review und eine Retrospektive statt. Es eignet sich also wunderbar, um es mit den Iterationen, die Du von Scrum kennst, zu verbinden.

Evidence-Based Management

Evidence-Based Management ist eine noch relativ neue Management-Methode, die vor allem Führungskräfte dabei unterstützt, mit Hilfe der richtigen Metriken die Entwicklung eines Produktes positiv zu beeinflussen.

Das Besondere an EBM ist jedoch, dass es mit vier sogenannten Key Value Areas arbeitet, die unterschiedliche Themenfelder abdecken. Für jede dieser Key Value Areas existieren diverse Metriken, die dabei helfen, mehr Klarheit zu erzeugen.

Für die Formulierung eines Produktziels ist EBM deshalb außerordentlich gut geeignet Denn so kannst Du je nach aktueller Situation aus den jeweiligen Key Value Areas die passenden Metriken identifizieren.

Fazit zum Produktziel in Scrum

Ich hoffe, ich konnte Dir zeigen, dass ein gutes Produktziel ein großer Gewinn für jedes Scrum Team ist und dass es – richtig angewendet – ein mächtiger Hebel sein kann, um Fokus, Motivation und Selbstorganisation zu fördern. Außerdem ist es gar nicht so schwer, gute Produktziele zu formulieren. Falls Du noch nicht mit Zielen arbeitest: Fang einfach an und mache Deine ersten Schritte. Die ersten Formulierungen werden nie perfekt sein. Du lernst von Schritt zu Schritt, immer besser zu werden. Denn mit jedem neuen Produktziel wirst Du die vorherigen Fehler zu vermeiden wissen.

Du hast noch Fragen zum Thema Produktziele oder Feedback zum Artikel? Dann schreib mir einen Kommentar hier unten auf der Seite! Ich freu mich auf Dein Feedback!