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High-Performance Teams sind der Wunschtraum jeder Führungskraft. Alle möchten sie, kaum jemand hat sie. Meiner Ansicht nach liegt das vor allem darin begründet, dass wir glauben, ein Hochleistungsteam entstehe vor allem dann, wenn jedes Teammitglied nur hart genug an sich selbst arbeitet.

Mit diesem Artikel möchte ich Dir deshalb die (meiner Meinung nach) 5 wichtigsten Faktoren vorstellen, welche die Performance Deines Teams am stärksten beeinflussen. Manche davon kann ein Team selbst beeinflussen, andere hingegen benötigen die Hilfe und Unterstützung durch Führungskräfte & Manager Deiner Organisation.

Gib Deinem High-Performance Team eine gemeinsam geteilte Vision

Der wohl wichtigste und fundamentalste Faktor, um ein High-Performance Team zu etablieren, ist eine gemeinsam geteilte Vision. Sie bildet den Nexus beziehungsweise Kern, um den sich einzelne Individuen gruppieren können, damit überhaupt erst ein Team entstehen kann.

Ist die Vision oder ein gemeinsames Ziel nicht vorhanden, handelt es sich vielmehr um eine Arbeitsgruppe, aber nicht um ein Team.

Diese Vision kann natürlich viele unterschiedliche Formen annehmen. Wichtig ist, dass sie Resonanz in jedem Teammitglied erzeugt. Ein hilfreiches Tool, um eine Resonanz erzeugende Vision zu entwickeln, ist beispielsweise der Golden Circle von Simon Sinek. Aber auch ein Produktziel (wie es der Scrum Guide vorsieht) oder ein gut formuliertes Objective kann diesen Zweck erfüllen.

Formuliere outcome-orientierte Ziele

Wichtig ist darüber hinaus, dass Euer gemeinsames Ziel sich auf die Wirkung konzentriert, die erreicht werden soll, statt lediglich auf direkte Arbeitsergebnisse zu konkretisieren. Im Kontext der agilen Arbeit wird deshalb zwischen Output vs. Outcome unterschieden. Outcome-Orientierung bietet für High-Performance Teams genügend Spielraum, das Ziel zu erreichen und ermöglicht so Kreativität, Innovation und Selbstorganisation.

Eliminiere externe Abhängigkeiten

Die größten Herausforderungen auf dem Weg zum High-Performance Team liegen wie eingangs erwähnt meistens nicht im Team selbst begründet. Sondern in einem dichten Netz von Abhängigkeiten, in dem es gefangen gehalten wird. Das ist ungefähr so, als würdest Du mit einem Rennwagen im Straßenverkehr fahren wollen. Die Straßenverkehrsordnung, Ampeln, Staus etc. sorgen dafür, dass Du überhaupt nicht in der Lage bist, schnell zu fahren. (Was im Straßenverkehr ja durchaus sinnvoll und gewollt ist.)

Um Deinem Team dabei zu helfen, seine bereits vorhandene Performance auch „auf die Straße zu bringen“, solltest Du deshalb in Deiner Organisation vorhandene Abhängigkeiten für alle Beteiligten transparent machen und sie dann Schritt für Schritt eliminieren.

Bilde interdisziplinäre Teams

Interdisziplinäre Teams sind ein hilfreiches Mittel, um diese Abhängigkeiten zu anderen Abteilungen oder Teams aufzulösen. Denn wenn in einem Team bestimmte Skills fehlen, ist es immer darauf angewiesen, dass jemand anderes eine notwendige Aufgabe erledigt.

Häufig passiert es auch, dass nur ein bestimmter Personenkreis die Erlaubnis hat, eine bestimmte Aufgabe zu erledigen. Manchmal ist das auch sinnvoll, beispielsweise bei besonders sicherheitsrelevanten Aufgaben. Oft ist es jedoch auch einfach nur „historisch gewachsen“.

Interdisziplinäre Teams

In diesem Fall sind die Abhängigkeiten natürlich besonders groß, weil zwar die notwendigen Skills im Team vorhanden sind, aber die notwendige Erlaubnis.

Ermögliche Selbstorganisation

Eng damit zusammenhängend solltest Du auch darauf achten, Selbstorganisation in Deinem Team zu fördern. Je autonomer es arbeiten kann, desto einfacher (und schneller) wird es in der Lage sein, Nutzen wirklich bis zum Kunden bringen zu können. Auch hier spielen natürlich sowohl die eigenen Skills & Fähigkeiten als auch die entsprechenden Befugnisse eine große Rolle. Das bedeutet, dass Selbstorganisation auch Entscheidungskompetenz bzw. Empowerment voraussetzt.

Darüber hinaus hat Selbstorganisation einen großen Einfluss auf die Motivation und das Engagement im Team.

  • Hilfreiche Tools, um das jeweils passende Maß an Selbstorganisation zu ermitteln, sind das Ownership Model und die Freedom Matrix aus dem Agile Leadership Toolkit von Peter Koning.

  • Darüber hinaus existiert mit Delegation Poker von Jurgen Appelo ein sehr hilfreiches Tool, um die Entscheidungsmacht von der Führungskraft schrittweise an ein Team abzugeben.

Erstellt gemeinsam eine Team Dependency Spider

Ein weiteres, sehr hilfreiches Tool, um externe Abhängigkeiten zu visualisieren, ist die Team Dependency Spider.

Die so sichtbar gemachten Abhängigkeiten lassen sich anschließend mit Managern und anderen Entscheidern Deiner Organisation sehr gut besprechen.
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Hast Du schon einmal eine Team Dependency Spider erstellt? Wie sind Deine Erfahrungen mit diesem Tool?x

Denn in der Regel wirst Du ihre Unterstützung benötigen, um die vorhandenen Abhängigkeiten aufzulösen, weil sich diese oft nur durch wirklich tiefgreifende Veränderungen der Organisationsstruktur auflösen lassen.

Team Dependency Spider

Verändere Deine Teamstrukturen mit Hilfe von Team Topologies

Ein Ansatz, der deutlich weiterführt als die Nutzung der oben erwähnten Team Depency Spider, sind die von Matthew Skelton und Manuel Pais entwickelten Team Topologies.

Team Topologies hilft Dir dabei, in Deiner Organisation Teamstrukturen zu etablieren, die Abhängigkeiten zu anderen Teams reduzieren und im besten Fall sogar vollständig eliminieren können.

Team Topologies - Anwendungsbeispiel

Eliminiere interne Abhängigkeiten

Neben externen Abhängigkeiten existieren natürlich auch interne Abhängigkeiten, die verhindern, dass ein echtes High-Performance Team entstehen kann. Meistens sind die Gründe dafür entweder in einer ungeeigneten Arbeitsweisen des Teams zu finden oder auf eine schlechte Teamstruktur zurückzuführen.

Fördere kollaboratives Arbeiten

Kollaboration ist ein elementares Grundprinzip agiler Arbeit. Es reicht schlichtweg nicht aus, dass in einem Team alle notwendigen Fähigkeiten „irgendwie vorhanden“ sind. Um zu einem High-Performance Teams zu werden, muss es einem Team auch gelingen, durch kollaboratives Arbeiten Synergieeffekte zu erzeugen.

Statt also Aufgaben aufzuteilen und kooperativ zu arbeiten, geht es bei Kollaboration darum, Aufgaben gemeinsam umzusetzen, um die besten Lösungen für eine Herausforderung zu entdecken. Der Kreativitätsforscher Stefan Bornemann nennt Kollaboration deshalb auch einen ko-kreativen bzw. ko-konstruktiven Prozess.

  • Auf dem Weg zum Hochleistungsteam ist es deshalb sinnvoll, dass möglichst alle Teammitglieder sogenannte T-Shaped Skills entwickeln und Arbeitsformen genutzt werden, die Kollaboration fördern.

Bilde Feature-Teams

Wenn mehr als ein Team an ein und demselben Produkt arbeitet, werden dazu häufig sogenannte Komponenten-Teams gebildet. Diese sind – wie der Name bereits sagt – für eine technische Komponente des Produktes zuständig. Um jedoch eine ganze Funktion umzusetzen, müssen allerdings (fast) immer mehrere Komponenten verändert und überarbeitet werden.

Dadurch entstehen zwischen Komponenten-Teams zwangsläufig Abhängigkeiten, die die Auslieferung eines Features unnötig verlangsamen und verzögern.
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Sind Deine Produkt-Teams Komponenten- oder Feature-Teams? Wie sind Deine eigenen Erfahrungen?x

Diese Abhängigkeiten sind denen zwischen einzelnen Abteilungen auf Organisationsebene übrigens sehr ähnlich. Die Lösung besteht darin, sogenannte Feature-Teams zu etablieren. Diese Teams sind so aufgestellt, dass sie eine Funktion für Deine Nutzer über mehrere Komponenten hinweg umsetzen können.

Erzeuge Verlässlichkeit

Um ein High-Performance Team zu erzeugen, ist es außerdem unerlässlich, dass sich jedes Teammitglied auf alle anderen verlassen kann. Nicht umsonst landete Verlässlichkeit in Googles bekanntem Aristoteles Projekt auf dem 2. Platz für erfolgreiche Teamarbeit.

Auch hierzu gibt es einige hilfreiche Tools und Methoden, die Du dazu nutzen kannst, um Verlässlichkeit innerhalb Deines Teams zu fördern. Beispielsweise die Team Alignment Map oder die bekannte RACI-Matrix.

Plant Eure Vorhaben mit der Team-Alignment Map

Die Team Alignment Map (kurz TAM) von Stefano Mastrogiacomo ist ein sehr einfach zu verwendendes Tool, um beispielsweise Sprint Plannings durchzuführen und dabei das Maximum an gemeinsamen Commitment in Deinem High-Performance Team zu erzeugen.

Besonders hilfreich dabei ist der sogenannte Rückwärts-Pass, der für die beiden Spalten Ressourcen und Risiken durchgeführt wird.

Dieser Rückwärts-Passe verwandelt (im Idealfall) beides in Aufgaben (Joint Objectives), um die sich mindestens ein Teammitglied kümmern muss.

Team Alignment Map
  • Wie das Tool genau funktioniert, erfährst Du in meinem Blogartikel zur Team Alignment Map.

Fertigt gemeinsam eine RACI-Matrix an

Auch die RACI-Matrix kann ein hilfreiches Werkzeug sein, um Verantwortlichkeiten zu klären, und so den Weg zum High-Performance Team zu ebnen. Besonders hilfreich ist hierbei die Unterscheidung zwischen Responsibility und Accountability, die gerade für Scrum Teams eine wichtige Rolle spielt. Allerdings solltet Ihr davon absehen, mit Hilfe der RACI-Matrix jedes kleine Detail festzuschreiben, weil sie Euch dann mehr behindern als helfen wird.

Für neu entstandene Teams, die sich noch in der Norming-Phase befinden, oder in echten Krisensituationen kann die RACI-Matrix jedoch ein wirklich nützliches Tool sein.

Fördere Reflexion & Verbesserung

Ein High-Performance Team ist kein finaler Endzustand, den ein Team irgendwann erreicht. Vielmehr steht die permanente Verbesserung im Vordergrund, um die vorhandene Teamleistung zu halten oder sogar noch auszubauen. Das kann nur dann geschehen, wenn Lernen & Verbesserung stets im Vordergrund stehen und fest in der Teamkultur verankert sind. Deshalb sind sowohl regelmäßige Phasen der Reflexion notwendig als auch ein guter Umgang mit Fehler bzw. Irrtümern sowie Psychologische Sicherheit.

Führt regelmäßig Retrospektiven durch

Agile Methoden und Frameworks wie Scrum oder Objectives & Key Results haben Retrospektiven fest in ihren Abläufen integriert. Auf diese Weise vermeiden sie, dass die für eine permanente Verbesserung notwendige Reflexion nicht übersprungen oder ausgelassen wird.

Aber selbst dann, wenn Dein Team nicht agil arbeitet, kannst Du regelmäßige Retrospektiven nutzen, um Dein Team auf dem Weg zum High-Performance Team zu begleiten.

Erzeuge die notwendige Psychologische Sicherheit

Psychologische Sicherheit ist ein Modell, das auf die Harvard-Professorin Amy Edmondson zurückgeht.

Sie belegte mit ihrer Forschung, dass High-Performance Teams die gemeinsame Überzeugung teilen, dass im Team zwischenmenschliche Risiken eingegangen werden können.

Denn nur bei ausreichender Psychologischer Sicherheit ist es möglich, Fehler, Probleme und Herausforderungen offen anzusprechen und daraus lernen zu können. Psychologische Sicherheit kann darüber hinaus dazu beitragen, die negativen Effekte von Group Thinking zu vermeiden oder wenigstens zu abzumildern.

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Verbessere die Fehlerkultur

Komplexität und Ungewissheit sind Teil der bekannten VUCA-Welt. In ihr sind Fehler & Irrtümer zwangsläufig vorprogrammiert.

Auch ein Hochleistungsteam ist nicht davor gefeit, mit seiner Lösung auf dem Holzweg zu sein, wichtige Informationen zu übersehenoder Gefahren nicht richtig einzuschätzen.

  • Eine offene und positive Fehlerkultur ist deshalb ein elementares für High-Performance Teams. (Eigentlich sollte sie auch besser Irrtumskultur heißen. Aber das kannst Du im Artikel nachlesen.)

Offene und positive Fehlerkultur

Fazit zu High-Performance Teams

Ich hoffe, ich konnte Dir mit diesem Artikel ein großes Bündel an Ideen mitgeben, wie Du die Entstehung von High-Performance Teams in Deiner Organisation begünstigen kannst. Wie Du sicherlich gemerkt hast, stecken hinter jedem der hier genannten fünf Faktoren große Themenfelder, die sich nicht von einem Tag auf den anderen umsetzen lassen.

Manche davon lassen sich im Team selbst umsetzen, andere sind nur durch Veränderungen in der Organisation zu verwirklichen. Damit Hochleistungsteams entstehen können, braucht es deshalb immer die Zusammenarbeit von Teams, Agile Coaches, Managern und Führungskräften.

Falls Du noch Fragen zu den hier genannten Faktoren oder einzelnen Tools & Methoden hast, freue ich mich wie immer über einen Kommentar von Dir hier unten auf der Seite.