Im vorherigen Artikel zur Resonanten Führung bin ich näher auf Die Biologie emotionaler Intelligenz eingegangen und habe Dir die vier Dimensionen emotionaler Führung vorgestellt. Diese vier Dimensionen werden wir nun mit den emotionalen Kompetenzen konkretisieren.
Mit Hilfe der 18 emotionalen Kompetenzen lässt sich die Emotionale Intelligenz von Führungskräften messen. Nach Goleman machen diese Kompetenzen den Unterschied zwischen einer mittelmäßigen und einer exzellenten Führungskraft aus Dabei solltest Du Dich jedoch nicht von der Vielzahl der emotionalen Kompetenzen abschrecken lassen! Denn in ihren Studien stellten Daniel Goleman, Richard Boyatzis und Annie McKee fest, dass keine noch so gute Führungskraft alle diese Fertigkeiten in besonders ausgeprägter Weise besitzt. (Meist stachen sie mit etwa sechs bis acht besonders überdurchschnittlichen emotionalen Kompetenzen hervor.)
Inhaltsverzeichnis
Selbstwahrnehmung
Selbstwahrnehmung ist ein tiefes Verständnis der eigenen Emotionen. Das gilt sowohl für die eigenen Stärken und Schwächen als auch für Werte und Motive. Führungskräfte mit ausgeprägter Selbstwahrnehmung sind realistisch. Das heißt, sie sind weder übermäßig selbstkritisch noch naiv-optimistisch.
Diese emotionale Kompetenz gibt an, wie sehr sich eine Person der eigenen Emotionen und deren Wirkung auf sie selbst bewusst ist. Sie steht auch dafür, ob sich jemand bei seinen Entscheidungen von seiner Intuition leiten lässt.
Selbstmanagement
Die zweite Dimension der emotionalen Intelligenz ist Selbstmanagement. Das bedeutet, dass eine Führungskraft ihre eigenen Emotionen versteht und sich ihrer Absichten bewusst ist. Selbstmanagement lässt sich mit einem fortwährenden inneren Gespräch beschreiben, das Führungskräfte davor bewahrt, den eigenen Gefühlen völlig ausgeliefert zu sein.
Führungskräfte mit einer ausgeprägten emotionalen Selbstkontrolle können negative Emotionen und Impulse unter Kontrolle halten und sich auf positive Aspekte einer Situation konzentrieren.
Die Aussicht auf Erfolg durch eine gute Selbsteinschätzung und ein hohes Selbstvertrauen führen zu einem großen Antrieb, die Leistung zu verbessern, um dem hohen persönlichen Standard gerecht zu werden.
Personen, die negative Emotionen kontrollieren und eine positive Grundeinstellung erzeugen können, gelingt es, die positiven Aspekte einer (neuen) Situation zu sehen. Sie schauen daher meist optimistisch in die Zukunft.
Soziales Bewusstsein
Neben Selbstwahrnehmung und Selbstmanagement benötigt eine Resonante Führungskraft ein ausgeprägtes Soziales Bewusstsein. Die emotionalen Kompetenzen dieser Dimension ermöglichen es einer Führungskraft, die emotionalen Kanäle zwischen Menschen zu nutzen und ihre Botschaften der jeweiligen Situation anzupassen.
Empathie meint die Fähigkeit, Emotionen anderer wahrzunehmen, ihre Sicht der Dinge zu verstehen und ein aktives Interesse für ihre Anliegen zu zeigen.
Menschen, die Gefühle anderer gut wahrnehmen können, haben dadurch auch ein intuitives Gespür für Interessengruppen, Entscheidungsnetzwerke und ungeschriebene Regeln einer Organisation.
Führungskräfte mit ausgeprägtem sozialen Bewusstsein erkennen die Bedürfnisse von Mitarbeitern, Klienten und Kunden und haben das Bedürfnis, diese auch durch ihr eigenes Handeln zu unterstützen und zu erfüllen.
Beziehungsmanagement
Beziehungsmanagement kann erst entstehen, wenn die anderen drei Dimensionen der emotionalen Intelligenz gemeistert sind. Es ist die Kunst, gute Beziehungen zu führen, die mit Authentizität beginnen. Beziehungen effizient zu managen bedeutet letztlich nichts anderes, als mit den Gefühlen anderer richtig umgehen zu können.
Mit dieser emotionalen Kompetenz ist gemeint, dass durch das Einbringen einer (gemeinsamen) Vision die Beziehungen der Teammitglieder untereinander gestärkt werden, da man ein gemeinsames Ziel verfolgt. Denn eine gemeinsame Vision stiftet Identität und Gemeinschaft. Diese emotionale Kompetenz spiegelt sich insbesondere im visionären Führungsstil wider.
Personen, die Beziehungen gut managen können, können häufig auch gut Veränderungen initiieren, managen und lenken, da es ihnen gelingt, auch anderen die Furcht vor Neuem und Ungewissem zu nehmen und ihre Gefühle in eine positive Richtung zu lenken.
Führungskräfte, bei denen diese Kompetenz besonders ausgeprägt ist, haben verstanden, dass gemeinsame Ziele auch nur gemeinsam erreicht werden können. Sie fördern und ermöglichen Zusammenarbeit, Teambildung und kollaboratives Arbeiten.
Messung der emotionalen Kompetenz
Das sogenannte ECI (Emotional Competence Inventory) wird durch ein 360°-Feedback ermittelt, um so Verzerrungen und Ungenauigkeiten zu minimieren. Darüber hinaus solltest Du im Hinterkopf behalten, dass es sich um erlernbare emotionale Kompetenzen handelt. Und nicht etwa um feststehende Persönlichkeitsmerkmale, auf die wir als Mensch keinen oder nur sehr geringen Einfluss haben. Emotionale Intelligenz lässt sich also erlernen!
Weiterentwicklung zum ESCI
Die emotionalen Kompetenzen des ECI360 sind seit einigen Jahren zum Emotional and Social Competence Inventory (ESCI) weiterentwickelt worden. Die bisherigen 18 emotionalen Kompetenzen wurden auf einen geringeren Umfang von 12 Kompetenzen reduziert, wobei viele der gestrichenen Kompetenzen in den anderen aufgehen.
Die Domäne der Selbstwahrnehmung wurde auf die emotionale Selbstwahrnehmung verringert. (Durch Wegfall der Kompetenzen Zutreffende Selbsteinschätzung und Selbstvertrauen.)
Im Bereich Selbstmanagement entfielen Transparenz und Initiative.
Die Domäne Soziales Bewusstsein wurde um die emotionale Kompetenz Servicebewusstsein gekürzt.
In der vierten Domäne Beziehungsmanagement wurde die emotionale Kompetenz Veränderungskatalysator entfernt.
Die beständige Weiterentwicklung des Konzeptes Emotionale Intelligenz zeigt auch, dass ein genaues Verständnis und eine exakte Definition noch lange nicht abgeschlossen sind.
Nichtsdestotrotz lassen sich die emotionalen Kompetenzen sehr anschaulich durch emotionale Führungsstile wiedergeben, die ich Dir im nächsten Artikel vorstellen werde.