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Nachdem Du im letzten Artikel die emotionalen Kompetenzen kennengelernt hast, geht es in diesem Artikel nun um emotionale Führungsstile. Dabei handelt es sich um insgesamt sechs verschiedene Führungsstile, die allerdings nicht vollkommen neu sind. Im Grunde sind es bekannte Führungsarten, die jedoch aus einer emotionalen Perspektive neu betrachtet und bewertet werden.

Visionäre Führung

Die visionäre Führung ist der wichtigste emotionale Führungsstil, da sie am meisten Resonanz in Deiner Organisation erzeugen kann. Sie zielt darauf ab, Teams und Abteilungen nicht (mehr) durch die Verteilung von Aufgaben zu führen, sondern durch das Kreieren einer gemeinsam geteilten Unternehmensvision. Diese Vision dient allen als Nordstern für die eigene Aufgaben und schafft Freiräume für Selbstmanagement in Teams und Abteilungen. Visionäre Führung ist vor allem dann hilfreich, wenn sich ein Team großen Veränderungen ausgesetzt sieht und Orientierung benötigt.

Eine gemeinsam geteilte Vision hat eine außerordentlich große Auswirkung auf die Gefühlslage aller Mitarbeiter. Denn sie ermöglicht nicht nur viele Freiheiten, sondern erzeugt auch das, was wir eine Purpose Driven Organization nennen. Visionäre Führung setzt allerdings auch voraus, dass Mitarbeiter reif genug sind, mit diesen Freiräumen effizient umgehen zu können.

Nach Goleman sind für den visionären Führungsstil vor allem die EI-Kompetenzen Inspiration, Transparenz und Empathie notwendig.

Coachende Führung

Die coachende Führung soll das, was eine Person will und möchte, mit den Zielen des Unternehmens verbinden. Hier wird eine engere Beziehung aufgebaut und Deine Mitarbeiter ihren eigenen Wünschen und Interessen entsprechend aus- und weitergebildet, um sie dann auf eine für sie passende Position zu besetzen. (Oder ihnen neue Fähigkeiten zu geben, um eine bereits ausgeführte Tätigkeit noch besser zu erfüllen.)

Diese Art der emotionalen Führung erfordert eine Menge Beziehungsmanagement. Denn nur wenn es Dir gelingt, möglichst viel über die Wünsche und Interessen Deiner Mitarbeiter zu erfahren, kann ihre Weiterentwicklung erfolgreich sein. Auch der coachende Führungsstil wirkt sich sehr stark auf die Gefühlslage Deiner Mitarbeiter aus.

Im Vordergrund stehen die EI-Kompetenzen Empathie und Mitarbeiterentwicklung.

Beziehungsorientierte Führung

Bei diesem Führungsstil steht die Pflege von Beziehungen im absoluten Vordergrund. Der Umgang mit verschiedenen Sichtweisen zu polarisierenden Themen, das Lösen von Konflikten oder die Verbesserung der Kommunikation sind die Hauptaspekte der beziehungsorientierte Führung. Notwendige EI-Kompetenzen für diesen Führungsstil sind Kooperation, Teamwork und Empathie.

  • Eine Möglichkeit, beziehungsorientiert zu führen, ist beispielsweise Humble Inquiry. Der beziehungsorientierte Führungsstil hat außerdem eine gute bis sehr gute Wirkung auf die Gefühlslage der Mitarbeiter.

Nutzt Du diesen Stil emotionaler Führung jedoch ausschließlich, kann es schnell dazu kommen, dass wichtige Unternehmensziele (und Kennzahlen) zu sehr aus dem Blick geraten.

Demokratische Führung

Wie der Name schon vermuten lässt, gibst Du Deinen Mitarbeitern beim demokratischen Führungsstil ausgesprochen viel Mitspracherecht bei wichtigen (auch unternehmensrelevanten) Entscheidungen. Auch dieser Führungsstil erzeugt viel Resonanz unter Deinen Mitarbeitern und fördert die Motivation, getroffene Entscheidungen umzusetzen.

Diese Art der Entscheidungsfindung sorgt natürlich für eine große Akzeptanz durch Deine Mitarbeiter für getroffene Entscheidungen. Allerdings solltest Du bedenken, dass eine Mehrheitsentscheidung nicht automatisch auch die beste Entscheidung ist. Bei diesem emotionalen Führungsstil sind Empathie, Teamwork, Kooperation und Konfliktmanagement gefragt.

Fordernde Führung (Dissonant)

Die fordernde (oder leistungsorientierte) Führung zählt zu den sogenannten dissonanten Führungsstilen. Das bedeutet nicht, dass sie zwangsläufig unnötig ist, sondern lediglich, dass Du Dich – wenn Du sie anwendest – darüber im Klaren sein solltest, dass dieser emotionale Führungsstil dazu führt, die Atmosphäre in Deinen Teams zu verschlechtern, sofern Du ihn (fast) ausschließlich verwendest.

Trotz allem gibt es natürlich Situationen, in denen es wichtig ist, den fordernden Führungsstil anzuwenden. Das Setzen von sogenannten Stretch Goals hat eine starke Wirkung auf die Motivation besonders kompetenter Mitarbeiter und kann auch einen (freundlichen) Wettbewerb untereinander fördern. Auf Mitarbeiter, die sich ihren Herausforderungen allerdings nicht gewachsen fühlen, hat der Führungsstil nachvollziehbarer Weise eine demotivierende Wirkung.

  • Herausforderungen sind ein wichtiger Bestandteil, um Flow auf der Arbeit zu ermöglichen. Allerdings funktioniert das nur wirklich dann gut, wenn diese Herausforderungen auch in einem emotionalen Kontext stehen.

Befehlende Führung (Dissonant)

Auch die befehlende Führung zählt zu den sogenannten dissonanten Stilen der emotionalen Führung. Sie basiert auf den EI-Kompetenzen Initiative, Leistung und Einfluss. Anweisungen durch Machtausübung steht hier im Vordergrund. Dieser Führungsstil kann hilfreich sein, wenn aufgrund eines absoluten Notfalls schnelle Entscheidungen getroffen werden müssen und lange Diskussionen nicht sinnvoll oder sogar gefährlich sind. (Im Cynefin Framework wäre das beispielsweise der Bereich “Chaos”).

Nutzt Du den befehlenden Führungsstil ausschließlich, hat das allerdings gravierende Auswirkungen auf die Atmosphäre innerhalb Deiner Teams oder sogar Deines ganzen Unternehmens.

Die Mischung macht’s

Keiner der sechs hier genannten Führungsstile ist für sich allein genommen ausreichend, um ein Team oder eine Organisation resonant und effizient zu führen. Jeder von ihnen hat Vor- und Nachteile und ist nur unter bestimmten Bedingungen optimal. Als gute Führungskraft musst Du also vor allem wissen, wie die jeweilige Situation zu bewerten ist, um den jeweils passenden Führungsstil anzuwenden. Es ist also wichtig für Dich, eine Mixtur an Führungsstilen anwenden zu können, um das Beste aus Deinen Teams herauszuholen!