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Wenn Du Dein aktuelles Geschäftsmodell (oder eine neue Geschäftsidee) bewerten möchtest, dann musst Du Dir zwangsläufig auch Gedanken darüber machen, wie das Umfeld Deines Geschäftsmodells momentan aussieht und in welche Richtung es sich voraussichtlich entwickeln wird. Hierbei leistet Dir die Business Model Environment Map wertvolle Dienste.

Inhaltsverzeichnis

Die 4 wichtigsten Kräfte auf der Business Model Environment Map

Die Business Model Environment Map hilft Dir dabei, aus Deinem Business Model herauszuzoomen und über den eigenen Tellerrand zu blicken. (Während Dich das Value Proposition Canvas dabei unterstützt, in Dein Business Model hineinzuzoomen und Deine Value Proposition genauer zu betrachten.)

Die Business Model Environment Map visualisiert dabei vier Kräfte, die auf Dein Geschäftsmodell einen unmittelbaren Einfluss haben: Schlüsseltrends, Marktkräfte, Makroökonomische Kräfte und Branchenkräfte.

Schlüsseltrends

Gesetzliche Trends können sich direkt auf Dein Geschäftsmodell auswirken. Beispielsweise durch neue Gesetze oder Änderung in der Besteuerung. Um Dich diesem Bereich zu nähern, stelle Dir folgende Fragen:

  • Welche gesetzlichen Trends beeinflussen meinen Markt?

  • Welche (neuen) Regelungen können Auswirkungen auf mein Geschäftsmodell haben?
  • Welche Gesetze oder auch Steuern wirken sich auf die Kundennachfrage aus?

Ein eher betrübliches, aber dennoch passendes Beispiel hierfür ist die Corona-Pandemie. Durch Öffnungsverbote beispielsweise in der Gastronomie, mussten Restaurants zwangsläufig auf digitale Präsenz und Abholservice umschwenken.

Technologische Trends können Dein Business Model ebenfalls positiv (und negativ) beeinflussen. Es wäre fahrlässig, diese Schlüsselkraft aus den Augen zu verlieren. Diese Fragen helfen Dir bei der Analyse:

  • Welches sind die derzeit wichtigsten technologischen Trends (sowohl innerhalb als auch außerhalb meines Marktes)?

  • Welche Technologien stellen wichtige Chancen oder auch zerstörerische Bedrohungen dar?

  • Welche sich entwickelnden Technologien werden bereits von Kunden im näheren Umfeld meines Marktsegments verwendet?

Ein Klassiker ist die Entwicklung in der Musikindustrie von der Kassette, über die CD, hin zu MP3 und heutigen Streamingdiensten wie beispielsweise Spotify.

Es gibt in der Tat auch wichtige soziale Trends, die Dein Geschäftsmodell unmittelbar beeinflussen können. Welche das sein könnten, kannst Du mit Hilfe der folgenden Fragen herausfinden:

  • Welche Verlagerung kultureller oder gesellschaftlicher Werte wirken sich auf mein Geschäftsmodell aus?

  • Welche Trends könnten das Käuferverhalten beeinflussen?

Die Bewegung Fridays for Future hat sicherlich dazu beigetragen, dass Bio-Produkte einen höheren Stellenwert in unserem Einkaufsverhalten einnehmen.

Zu guter Letzt solltest Du auch die sozioökonomischen Trends auf Deiner Business Model Environment Map festhalten. Diese Fragen helfen Dir dabei:

  • Was sind die demografischen Schlüsseltrends?

  • Wie würde ich die Einkommens- und Wohlstandsverteilungen in meinem Markt beschreiben?

  • Wie hoch ist das verfügbare Einkommen meiner Kunden?

  • Welche Anteile der Bevölkerung in meiner (potentiellen) Umgebung leben in städtischen und welche in ländlichen Gebieten?

Es macht sicherlich wenig Sinn in einem abgelegenen Dorf mit hoher Arbeitslosenquote eine High Fashion Boutique zu eröffnen. Ebenso ergibt es für Dich vermutlich wenig Sinn, einen Seconhand Shop für alternative Mode in einem Villenviertel zu planen.

Marktkräfte

Identifiziere und beschreibe die Hauptmarktsegmente auf Deiner Business Model Environment Map. Denn das hilft Dir dabei, Dein Geschäftsmodell anzupassen oder zu erweitern. Passende Fragen hierzu sind:

  • Welches sind die wichtigsten Kundensegmente?

  • Wo liegt das größte Wachstumspotenzial?
  • Welche Segmente sind im Rückgang befindlich?

  • Welche bisherigen Randsegmente verdienen mehr Aufmerksamkeit?

Als Beispiel eignet sich für diesen Schlüsseltrend Nintendo mit der Wii. Die Art mit der Wii zu spielen, machte diese für Menschen attraktiv, die sich zuvor wenig oder gar nicht mit Videospielen beschäftigt hatten. Gleichzeitig war sie jedoch auch für bisherige Kundensegmente dieses Marktes attraktiv.

Skizziere auf Deiner Business Model Environment Map die Marktanforderungen und wie gut diese derzeit erfüllt werden. (Sowohl durch Dein eigenes Produkt oder als auch durch die Produkte Deiner Wettbewerber). Auch hier gibt es hilfreiche Fragen:

  • Was wünschen sich Deine Kunden?

  • Was sind die größten, bisher unerfüllten Kundenwünsche?

  • Welche konkreten Aufgaben möchten Kunden erledigen?

  • Wo steigt bzw. sinkt die Nachfrage?

Wenn Du Dich vorab mit dem Value Proposition Canvas beschäftigt hast, wird diese externe Schlüsselkraft nichts Neues für Dich sein.

Marktaspekte unterstützen Dich dabei, die zentralen Aspekte zu identifizieren, die Deinen Markt aus Kunden- und Angebotsperspektive formen und verändern. Die Fragen hierzu lauten:

  • Was sind die entscheidenden Aspekte, die sich auf Deine Kundenlandschaft auswirken?

  • Welche Veränderungen finden gerade in meinem Markt statt?

  • Wohin steuert der Markt voraussichtlich?

Wenn Du wissen möchtest, welche Gründe dazu führen, dass Deine Kunden zu Wettbewerbern wechseln, dann ist es hilfreich, die sogenannten Wechselkosten auf Deiner Business Model Environment Map festzuhalten. Auch hier gibt es einige hilfreiche Fragen:

  • Was bindet Kunden an mein Unternehmen und an mein Angebot?

  • Welche Wechselkosten hindern Kunden daran, zum Wettbewerber abzuwandern?

  • Wie einfach ist es für Kunden, ähnliche Angebote zu finden und zu erwerben?

  • Wie wichtig ist die Marke für Kunden?

Für Apple-Kunden kommt ein Abwandern nicht in Frage. Einer der Hauptgründe hierfür ist die starke Marke dieser Firma. Wie Du Deine Unternehmensvision mit dem Business Model Canvas verbindest, beziehungsweise darauf ausrichten kannst, kannst Du in meinem Artikel über Purpose Driven Organizations nachlesen.

Anhand der Umsatzattraktivität identifizierst Du Elemente, die im Zusammenhang mit der Preisgestaltungsmacht stehen. Du kannst Dir beispielsweise diese Fragen stellen:

  • Wofür sind Kunden wirklich bereit zu bezahlen?

  • Wo können wir die größten Gewinnspannen erzielen?

  • Wie einfach ist es für Kunden, günstigere Produkte oder Dienstleistungen zu finden?

Achte hierbei nur darauf, dass Du keinen Value-cost Trade-off eingehst! (Oder ihn wenigstens bewusst wählst.)

Makroökonomische Kräfte

Im Bereich der makroökonomischen Kräfte sind die globalen Marktbedingung eine der externen Schlüsselkräfte, die Dein Geschäftsmodell beeinflussen können. Hier geht es um die aktuellen, allgemeinen Bedingungen aus makroökonomischer Perspektive. Hilfreiche Fragen, die Du Dir stellen kannst, sind:

  • Ist die Wirtschaft allgemein gerade in einer Aufschwungs- oder Abstiegsphase?

  • Welche Wachstumsrate hat das Bruttoinlandsprodukt?

  • Wie hoch ist die Arbeitslosenquote?

Wähle Deinen Markt weise, könnte hier die Aussage sein. Tatsächlich sollten hier für Dich Zahlen, Daten, Fakten zählen. Wenn sich niemand Dein Produkt leisten kann, befindest Du Dich damit in der falschen Umgebung.

Hier geht es darum, die aktuellen Bedingungen und Deine Kapitalanforderungen auf der Business Model Environement Map zu beschreiben. Dazu kannst Du Dir folgende Fragen stellen:

  • Wie ist der allgemeine Zustand der Kapitalmärkte?

  • Wie einfach ist es für Dich, in Deinem speziellen Markt eine Finanzierung zu erhalten?

  • Sind Startkapital, Risikokapital, öffentliche Mittel oder Kredite leicht verfügbar?

  • Wie teuer ist es für Dich, finanzielle Mittel zu beschaffen?

Wie bei den globalen Marktbedingungen erwähnt, musst Du Dich hier vor allem auf Zahlen, Daten und Fakten verlassen.

Bei dieser externen Schlüsselkraft geht es darum, aktuelle Preise, aber auch Preistrends für Ressourcen auf Deiner Business Model Environment Map zu skizzieren. Dabei sind mit Ressourcen zum Beispiel auch gute Mitarbeiter gemeint, die Du anwerben möchtest. Um das herauszufinden, sind folgende Fragen wertvoll:

  • Wie leicht sind die für unser Geschäftsmodell erforderlichen Ressourcen verfügbar?

  • Wie kostspielig sind sie?

  • In welche Richtung bewegen sich aktuell die Preise?

Es ist wichtig zu wissen, in welcher Umgebung Du Dich hinsichtlich Deiner Ressourcen befindest. Beispielsweise ist es aktuell deutlich herausfordernder, einen erfahrenen Scrum Master zu finden, als einen Personaltrainer.

Ebenfalls wichtig im Bereich der makroökonomischen Kräfte ist die ökonomische Infrastruktur Deines Marktes. Auch hier gibt es hilfreiche Fragen, die Du Dir stellen kannst:

  • Wie gut ist die (öffentliche) Infrastruktur Deines Marktes?

  • Wie würdest Du die Qualität von Verkehrsmitteln, Handel sowie den Zugang zu Lieferanten und Kunden einschätzen?

  • Wie hoch sind die persönlichen und die Unternehmenssteuern in Deinem Umfeld?

  • Wie gut sind in Deinem Umfeld die öffentlichen Dienstleistungen für Organisationen?

  • Wie würdest Du allgemein die Lebensqualität im Umfeld Deiner Organisation und Deines Geschäftsmodells bewerten?

Grundsätzlich kannst Du entscheiden, auf das ein oder andere Element der ökonomischen Infrastruktur zu verzichten. Ein Restaurant wird nicht scheitern, nur weil es keine perfekte Verkehrsanbindung hat, aber alle anderen Bedingungen absolut positiv sind.

Branchenkräfte

Diese externe Schlüsselkraft beschreibt die traditionelle, zentrale Value Chain Deines Marktes und erkennt neue, sich entwickelnde Teilnehmer. Folgende Fragen sind hier für Dich hilfreich, um Deine Business Model Environment Map zu befüllen.

  • Wer sind die Hauptteilnehmer Deiner Wertschöpfungskette innerhalb Deiner Branche?

  • Inwieweit hängt Dein Geschäftsmodell von anderen Mitbewerbern ab?

  • Entwickeln sich neue Teilnehmer in den Randbereichen?

  • Welche der Teilnehmer sind am gewinnträchtigsten?

Libri, der größte deutsche Grossist im Bereich Bücher, beliefert sowohl Kunden vieler kleiner Buchhändler als auch Kunden von Thalia, Amazon u.v.m. Hier ist es natürlich wichtig für einen kleinen Buchhändler, dies zu wissen und Alternativen im Blick zu behalten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass kleine Buchhändler aufgrund der geringen Menge höhere Preise zahlen als die großen Mitbewerber und in der Priorität nicht so hoch stehen.

Mit dieser externen Schlüsselkraft kannst Du bestimmen, welche Akteure Dein Geschäftsmodell beeinflussen können. Hilfreiche Fragen, die Du Dir stellen kannst, sind:

  • Welche Stakeholder können Dein Geschäftsmodell beeinflussen?

  • Wie einflussreich sind diese Stakeholder?

  • Handelt es sich um Mitarbeiter? Die Regierung? Oder Lobbyisten?

Ein klassisches Beispiel hierfür sind Aufsichtsräte in Organisationen, die erheblichen Einfluss auf Entscheidungen und damit auch auf Dein Geschäftsmodell haben können.

An dieser Stelle identifizierst Du auf Deiner Business Model Environement Map Deine etablierten Mitbewerber und ihre relativen Stärken. Um hier die Kerninformationen für Dich herauszuarbeiten, kannst Du Dir diese Fragen stellen:

  • Wer sind Deine Mitbewerber?

  • Wer sind die vorherrschenden Mitspieler auf Deinem speziellen Gebiet?

  • Welche Wettbewerbsvor- oder -nachteile haben sie?

  • Auf welche Kundensegmente sind sie ausgerichtet?

  • Wie sieht ihre Kostenstruktur aus? (Fertige gegebenenfalls ein eigenes Business Model Canvas für sie an!)

  • Wieviel Einfluss üben sie auf Deine Kundensegmente, Deine Umsatzquellen und Deine Gewinnspannen aus?

Auch hier kann die Gastronomie als gutes Beispiel dienen. Als Gastronom solltest Du darauf achten, nicht einfach eine weitere Pizzeria in einem Umfeld zu eröffnen, das bereits zahlreiche Pizzerien hat. Schlimmstenfalls noch solche, denen die Kunden vertrauen, die gut und günstig sind und die dieselben Angebote haben wie Du.

Hier betrachtest Du neue, rebellische und innovative Mitspieler und bestimmst, ob sie wirklich mit demselben oder vielleicht auch einem nicht auf den ersten Blick zu erkennenden, abweichenden Geschäftsmodell mitspielen. Folgende Fragen sind hier hilfreich:

  • Wer sind die Neueinsteiger in Deinem Markt?

  • Welche Wettbewerbsvor- oder -nachteile haben sie?

  • Welche Hindernisse müssen sie überwinden?

  • Was sind ihre Wertangebote?

  • Auf welche Kundensegmente sind sie ausgerichtet?

  • Wie sieht ihre Kostenstruktur aus?

  • In welchem Maße beeinflussen sie Deine Kundensegmente, Einnahmequellen und Gewinnspannen?

Als Getränkehändler ist mit der flaschenpost ein rebellischer Mitbewerber auf dem Getränkemarkt erschienen. Die obigen Fragen können Dir in einem solchen Kontext eine wertvolle Hilfe sein, um Deine Umgebung besser einschätzen zu können.

Auf welche potenziellen Ausweichprodukte für Dein Angebot greifen die Menschen zurück? Das findest Du anhand dieser externen Schlüsselkraft heraus und beziehst vorzugsweise auch andere Märkte und Branchen mit ein. Die Fragen, die Du Dir als Hilfestellung hier stellen kannst, lauten:

  • Welche Produkte oder Dienstleistungen könnten Deine ersetzen?

  • Wie viel kosten diese im Vergleich zu Deinen?

  • Wie einfach ist es für Deine (potenziellen) Kunden, zu diesen Ausweichmöglichkeiten zu wechseln?

  • Aus welchen Geschäftsmodell-Traditionen stammen diese Ersatzprodukte?

Versäume es nicht, mit Deinen Kunden zu sprechen. Es nützt Dir nichts, wenn Du von Optionen ausgehst, die in Wirklichkeit nicht genutzt werden. Für die Gespräche mit Kunden, die wechseln möchten oder bereits gewechselt haben, eigenen sich ganz besonders Switch Interviews.

Business Model Environment Map als Vorlage

Fazit zur Business Model Environment Map

Wie Du siehst, kannst Du Unmengen an Informationen sammeln, Betrachtungen durchführen und Fragen stellen, um die Umgebung, in der sich Dein Business Model befindet (oder befinden soll) genauer zu erkunden.

Ich empfehle Dir, das auch zu tun! Zumindest solltest Du Dir viele dieser Fragen stellen. Aber natürlich nur die, die für Dich auch Sinn ergeben. Denn je besser Du Deine Umgebung verstehst, desto besser kannst Du Dein Business Model darin einbetten.

Die Business Model Environment Map überschneidet sich im Übrigen in sehr vielen Aspekten mit Wardley Maps und der Blue-Ocean-Strategie, die Dir bei diesen Themen weitere Hilfestellungen geben können. Wenn Du Dich damit beschäftigen wirst (oder es bereits hast), wirst Du schnell Parallelen entdecken und kannst vollumfassend darauf aufbauen.

Wenn Du noch Fragen, Ideen, Anregungen oder Kritik zu diesem Artikel hast, freue ich mich wie immer über einen Kommentar von Dir hier unten auf der Seite. Falls Du Dich ausführlicher zur Business Model Environment Map austauschen möchtest, kannst Du auch ein neues Thema in unseren Forum über Tools & Methoden starten!