4.8 6 Votes
Artikel-Rating

Objectives & Key Results (oder kurz OKR) sind eine agile Methode zur Formulierung von Zielen und Strategieumsetzung. In diesem Grundlagenartikel habe ich alles Wissenswerte für Dich zusammengestellt, damit Du Dir einen ersten Überblick über die Methode verschaffen kannst.

Du erfährst alles über die Ursprünge und Vorteile dieses Ansatzes und natürlich auch über den Aufbau eines Ziels, das mit Hilfe von Objectives & Key Results formuliert ist.

Darüber hinaus zeige ich Dir, wie Du Deine Objectives mit Hilfe des OKR-Zyklus in einen größeren strategischen Kontext einbetten kannst.

Die Ursprünge von Objectives & Key Results

Seine Wurzeln hat die OKR-Methode im Management by Objectives (MbO), das bereits 1954 von Peter Drucker entwickelt wurde. Anfang der 70er Jahre wurde MbO dann vom Intel-Gründer Andy Grove zu IMBO (Intel Management by Objectives) weiterentwickelt. Grove erweiterte Druckers Methode um das Konzept der Schlüsselergebnisse (Key Results), was einen stärkeren Fokus auf Wirkung und echte Ergebnisse ermöglichte.

Der damalige Intel-Manager John Doerr stellte die OKR-Methode dann 1999 den beiden Google-Gründern Larry Page und Sergey Brin vor.

Diese waren damals so begeistert, dass sie die Methode sofort aufgriffen. Seitdem ist sie bei Google ununterbrochen im Einsatz.

Richtig publik wurde OKR jedoch erst, als Google im Jahr 2013 in seinem Start-up Lab vorstellte, wie die Firma das agile Framework nutzt.

  • Falls Du Dich mit der Geschichte von OKR ein wenig ausführlicher auseinandersetzen möchtest, empfehle ich Dir einen Blick auf den Artikel A History of Objectives & Key Results von Andrii Bas.

Vorteile von OKR

Die Einführung und Nutzung des agilen Frameworks bietet Deiner Organisation eine Reihe von Vorteilen. Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle Transparenz, Alignment & Autonomie, mehr Agilität, eine gemeinsame Sprache über Ziele und mehr Partizipation.

Transparenz

Ein großer Vorteil der OKR-Methode ist vor allem, dass alle Ziele, die in einer Organisation existieren, transparent sind. Beispielsweise gibt keine versteckten, individuellen Ziele mehr, die zwischen Führungskraft und Mitarbeiter vereinbart wurden. (So wie das häufig bei MbO der Fall ist.) Auch die Ziele der gesamten Organisation sind dadurch für jeden Mitarbeiter jederzeit einsehbar.

  • In größeren Organisationen bedeutet das natürlich auch, dass ein digitales Tool existieren muss, auf das jeder Mitarbeiter Zugriff hat. In kleineren Organisationen reicht zum Start sicherlich auch ein digitales (oder echtes) Whiteboard, auf dem die aktuellen OKR visualisiert sind.

Alignment & Autonomie

Durch die gewonnene Transparenz unterstützen Objectives & Key Results Deine Organisation dabei, sich auf gemeinsame Ziele auszurichten.

Gleichzeitig ermöglicht die Ergebnisorientierung jedoch auch einen hohen Grad an Autonomie für die Teams und Abteilungen Deiner Organisation.

  • Mehr über das Verhältnis zwischen Ausrichtung und Autonomie erfährst Du auch in meinem Beitrag über die Alignment-Autonomy-Matrix.

Agilität

Die OKR-Methode ist im Vergleich zu Scrum oder Kanban ein einfaches Framework, das es flexibel einsetzbar macht. Sie bietet deshalb einen relativ leichten Einstieg in agiles Arbeiten und hilft Deinem Unternehmen dabei, in kürzeren Zeiträumen und kunden– bzw. wirkungsorientierter zu denken.

Gemeinsame Sprache

Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Vorteil der OKR-Methode ist die Entstehung einer gemeinsamen Sprache für Zielformulierungen. OKR „zwingen“ Euch sozusagen dazu, Euch gemeinsam darüber klarzuwerden, was es (für Euch) heißt, die Kundenzufriedenheit zu steigern oder Eure Nutzer schneller mit Updates versorgen zu können.

Auf diese Weise leisten Objectives & Key Results einen wichtigen Beitrag, Standard-Metriken in Deiner Organisation zu etablieren.

Gemeinsame Sprache durch OKR

Partizipation

Außerdem geben Dir OKR ein wertvolles Werkzeug an die Hand, mit dessen Hilfe sich Teilhabe, Selbstorganisation, Engagement und Motivation auf den nächsten Level heben lassen.

Aufbau eines OKR

Zunächst einmal sind OKR nichts anderes als eine besondere Art, Ziele zu formulieren. Im Kern geht es darum, dass qualitative und quantitative Aspekte eines Ziels voneinander getrennt formuliert werden. Das Objective stellt den qualitativen Teil Deines Ziels dar, während die Key Results der quantitative bzw. messbare Teil Deines Ziels sind.

Wenn Du so möchtest, sind Objectives und Key Results nur zwei Seiten ein und derselben Medaille.

Objective

Das Objective beschreibt den von Dir angestrebten Zustand, den Du mit Deinem Team oder Deiner Organisation erreichen möchtest.

Je spezifischer und konkreter dieser Zielzustand formuliert ist, desto besser. Das Objective wird häufig auch als qualitatives und inspirierendes Element von OKR bezeichnet, das angibt, WAS erreicht werden soll.

Außerdem sollte Dein Objective einfach formuliert sein, damit es auch für Kollegen aus anderen Abteilungen oder Teams gut verständlich ist.

Tipps für perfekte OKR-Objectives

Key Results

Key Results sind das quantitative Element von OKR. Deshalb haben sie klare Metriken, mit deren Hilfe Du erkennen kannst, wie weit Du mit der Erreichung Deines Objectives bereits gekommen bist.

Gute Key Results machen also Deinen Fortschritt sichtbar.

Außerdem sind (gute) Key Results ergebnisorientiert. Sie vermitteln Dir deshalb nicht, WIE Du Dein Objective erreichen möchtest, sondern WANN Du es erreicht hast.

Perfekte Key Results formulieren

Beispiel OKR

Damit Du eine genauere Vorstellung davon erhältst, wie ein OKR aufgebaut ist, habe ich hier einmal ein Beispiel für Dich festgehalten. Hierbei handelt es sich um ein mögliches Objective, das von einem Recruiting-Team oder einer HR-Abteilung aufgestellt wurde.

  • Der Bewerbungsprozess in unserem Unternehmen ist für Bewerber ein positives Erlebnis.

  • Die durchschnittliche Wartezeit zwischen Bewerbung und Rückmeldung sinkt von 10 auf 2 Tage.

  • Die Durchschnittsbewertung des Bewerbungsprozess steigt von 3,1 auf 4,8.

  • Die durchschnittliche Zeit, die Bewerber benötigen, um ihre Unterlagen hochzuladen, sinkt von 34 auf 8 Minuten.

Wie Du sehen kannst, gibt das Objective an, was erreicht werden soll, während die dazugehörigen Key Results messbar machen, wann das Objective als erreicht betrachtet wird.

Dadurch ermöglicht dieses OKR sowohl eine gemeinsame Ausrichtung als auch Autonomie, weil es dem Team nicht vorschreibt, was es tun muss, um es zu erreichen.

Natürlich muss sich das Team auch überlegen, wie es sein Ziel erreichen möchte. Hierzu eignen sich OKR-Initiativen jedoch sehr viel besser als Key Results.

Zugegebenermaßen ist das Formulieren von Objectives & Key Results nicht immer ganz so einfach und erfordert ein wenig Übung. Auf der anderen Seite ist es aber auch kein Hexenwerk!

Das Zusammenspiel von Objective, Key Results und Initiativen

Um Dir die Unterschiede zwischen Objectives und Key Results sowie Initiativen noch einmal zu verdeutlichen, habe ich alles Wichtige noch einmal für Dich in einer Tabelle zusammengestellt:

Objective Key Results Initiativen
Was willst Du erreichen? Wann hast Du das Objective erreicht? Wie willst Du Dein Objective erreichen?
1 bis maximal 3 Objectives pro Team 1 bis maximal 5 Key Results pro Objective Maximal 1 Initiative pro Key Result
Outcome (qualitativ) Outcome (quantitativ) Output (quantitativ)
  • Spezifischer Zielzustand
  • Leicht verständlich
  • Frei von Metriken
  • Inspirierend & motivierend
  • Autonom erreichbar
  • Objektiv messbar
  • Machen Fortschritt sichtbar
  • Messen Ergebnisse bzw. Outcome
  • Sind anspruchsvoll, aber realistisch
  • Unabhängig erreichbar
  • Handlungsorientiert
  • Aktionen, Vorhaben oder Projekte
  • Erzeugen Output
  • Helfen dabei, die Erreichbarkeit von OKR zu bewerten
Begrenzt auf einen Zeitraum von 3 Monaten
  • Hilfreiche Tipps und Tricks zur besseren Unterscheidung von Key Results und Initiativen erfährst Du auch in meinem weiterführenden Artikel Output vs. Outcome.

Einbettung von OKR in den strategischen Kontext

Weil OKR eine Methode zur Strategieumsetzung sind, ist der Zeitraum, um ein Objective zu erreichen, mit 3 Monaten entsprechend kurz. Gleichzeitig bedeutet das jedoch auch, dass OKR ein strategisches Ziel voraussetzen, das einerseits einen längerfristigen Horizont umfasst und andererseits unternehmensweite Gültigkeit hat. Üblicherweise erfolgt dies mit Hilfe eines sogenannten Moals (Midterm Goal).

Moal Planning

Das Moal ist so etwas wie das Bindeglied zwischen langfristiger Vision und Mission auf der einen und OKR auf der anderen Seite. Üblicherweise stellen Moals strategische Ziele dar, die innerhalb eines Jahres erreicht werden sollen und gelten für die gesamte Organisation.

In der Regel entstehen die Moals zu Beginn des Jahres in einem eintägigen Workshop. Oft kann es auch sinnvoll sein, lediglich einen ersten Entwurf fertigzustellen und dann Feedback aus der Belegschaft einzuholen. Mit Hilfe des erhaltenen Feedbacks kann das Moal dann noch einmal überarbeitet und angepasst werden.

Was ist ein Moal?
  • Falls Du Dich eingehender über den Zusammenhang zwischen Vision, strategischen Zielen und OKR informieren willst, solltest Du einen Blick in meinem Artikel zum Evidence-Based Management werfen.

Aufbau des OKR-Zyklus

Neben der besonderen Art, Ziele zu formulieren, zeichnet sich die OKR-Methode auch durch einen klaren, dreimonatigen Zyklus aus, der kontinuierlich wiederholt wird. (Ursprünglich war dieser Zyklus jedoch gar kein Teil der agilen Zielsetzungsmethode, sondern kam erst nachträglich hinzu.)

    Der Aufbau und Ablauf des OKR-Zyklus wurde dabei aus dem Scrum Framework übernommen:

    • Planning

    • Check-in (Weekly bzw. Bi-Weekly)

    • Review

    • Retrospektive

    Die Abfolge der Meetings und Events bleibt dabei immer gleich und wird nicht verändert.

    OKR-Zyklus-Hotspot-Image.png
    OKR Planning
    OKR Check-in
    OKR Review
    OKR Retrospektive
    OKR-Zyklus-Hotspot-Image.png
    OKR Planning
    OKR Check-in
    OKR Review
    OKR Retrospektive

    OKR Planning

    Im Planning entstehen für jedes Team und jede Abteilung 1 bis maximal 3 OKR Sets. Sofern auch unternehmensweite Objectives & Key Results formuliert werden, empfiehlt es sich, den Planungsprozess auf ein bis zwei Wochen zu „strecken“, in denen die einzelnen Team-Plannings stattfinden. Auf diese Weise hat jedes Team die Gelegenheit, sich ihre OKR Sets gegenseitig vorzustellen und beispielsweise Feedback aus anderen Abteilungen einzuholen, damit sie sich untereinander abstimmen können.

    OKR-Initiativen

    Neben den eigentlichen Objectives & Key Results solltet Ihr in Eurem Team auch Initiativen festhalten. Denn diese helfen Euch dabei, Eure Ziele mit Eurem Tagesgeschäft in Einklang zu bringen.

    OKR Check-in

    Um Eure Objectives nicht aus dem Blick zu verlieren, findet alle ein bis zwei Wochen der sogenannte Check-in statt. Deshalb wird dieses kurze, maximal 15-minütige Meeting auch manchmal Weekly oder Bi-Weekly genannt.

    In diesem kurzen Meeting bringt Ihr Eure Objectives auf den aktuellen Stand und nehmt eventuelle Anpassungen an Eurem Plan vor.

    OKR Review

    Zum Ende des Quartals findet die Review statt, in der jedes Team die erreichten Erfolge präsentiert, aber auch Learnings aus Fehlschlägen mit allen Anwesenden teilt.

    Die Bandbreite des Gezeigten kann dabei von der einfachen Präsentation einer PowerPoint bis zur Demo eines Prototypen reichen.

    In der Review geht es allerdings nicht nur darum Erfolge und Misserfolge zu teilen, sondern auch Feedback & Erkenntnisse zu gewinnen, welche Schritte im nächsten OKR-Zyklus sinnvoll sein könnten.

    OKR Review

    OKR Retrospektive

    Beendet wird der OKR-Zyklus mit einer Retrospektive. In diesem Workshop reflektiert das Team gemeinsam mit seinem OKR Master, was im letzten Quartal gut gelaufen ist und was nicht, um daraus Verbesserungen für den kommenden OKR-Zyklus abzuleiten. Der zeitliche Rahmen sollte im besten Fall zwischen 2 und maximal 4 Stunden liegen.

    Besonderheiten von Objectives & Key Results

    Die OKR-Methode hat (gerade im Vergleich mit anderen Ziel- oder Strategiemethoden) einige Besonderheiten auf Lager, die ich an dieser Stelle noch einmal kurz hervorheben möchte:
    0
    Kennst Du noch andere Besonderheiten der OKR-Methode, die ich an dieser Stelle auf jeden Fall noch erwähnen sollte?x

    Gute OKR sind ambitioniert, aber realistisch

    Gute OKR sind im besten Fall so formuliert, dass wir uns ein wenig strecken müssen, um sie auch wirklich zu erreichen. Deshalb gilt im Allgemeinen ein Erreichungsgrad von 70 Prozent bereits als Erfolg. Allerdings ist es wichtig, dass Du diesen Aspekt nicht missverstehst und denkst, Dein Team müsse immer nur 70 statt 100 Prozent erreichen. Das ist Quatsch! Dein OKR soll sowohl anspruchsvoll als auch erreichbar sein.

    Weniger ist mehr

    Damit OKR einen klaren Fokus und Alignment in Deiner Organisation erzeugen können, ist es wichtig, nicht zu viele Objectives und Key Results zu formulieren. Genau genommen soll die OKR-Methode Euch ja dabei helfen, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Eine genaue Vorschrift ist hier natürlich wenig sinnvoll. Eine gute Richtlinie ist jedoch:

    • Mindestens 1, jedoch maximal 3 Objectives pro Team bzw. Abteilung

    • Mindestens 1, jedoch maximal 5 Key Results pro Objective.

    Top-down & Bottom-up

    Partizipation stellt einen sehr wichtigen Aspekt von OKR dar. Deshalb werden Teams und Abteilungen die Objectives nicht top-down vorgegeben, sondern von ihnen eigenständig entwickelt. Gleichzeitig hilft das unternehmensweite Moal jedem Team dabei, ihre OKR auf das große Ganze auszurichten.

    Dadurch vereint die agile Zielmethode Top-down-Prozesse (Moal) mit Bottom-up-Initiativen (Team OKR). Um jedem Team den größtmöglichsten Spielraum für ihre eigenen Ziele zu geben, ist es deshalb besonders wichtig, Moals outcome-orientiert zu formulieren.

    Keine individuellen OKR

    OKR leben davon, Kollaboration und Zusammenarbeit im Team zu fördern. Deshalb solltest Du sie stets für ein gesamtes Team formulieren und davon absehen, individuelle OKR festzuhalten. In dieser Hinsicht unterscheiden sich OKR deshalb stark von MbO (Management by Objectives).

    OKR sind nicht an Boni gekoppelt

    Die Erreichung eines Objectives ist außerdem nicht an einen monetären Bonus gekoppelt.

    Die OKR-Methode baut auf intrinsischer Motivation auf, weshalb Faktoren wie Autonomie und Selbstorganisation auch eine so große Bedeutung zukommt.

    Gleichzeitig bedeutet das natürlich auch, dass Du in Deiner Organisation dafür sorgen musst, konkurrierende Zielsysteme (besonders wenn sie an Boni gekoppelt sind) abzuschaffen. Die Eliminierung alter Zielsysteme stellt für den Einsatz von OKR einen entscheidenden Erfolgsfaktor dar.

    OKR kennt keine Bonuszahlungen

    Fazit

    Ich hoffe, ich konnte Dir mit diesem Einsteigerartikel zu einem soliden Grundverständnis für die agile Zielsetzungsmethode verhelfen. Solltest Du noch offene Fragen, Ideen, Anregungen oder Kritik zu diesem Beitrag haben, freue ich mich natürlich wie immer auf Dein Feedback in den Kommentaren hier unten auf der Seite!